Die Folgen einer wachsenden Bevölkerung und ein rasantes Wirtschaftswachstum in Südostasien beeinträchtigen zunehmend die Luftqualität in dieser Region und führen zu steigenden klimawirksamen Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2). Jülicher Atmosphärenforscher untersuchen zusammen mit Partnern aus Peking und der Universität Wuppertal, die Klimawirksamkeit der südostasiatischen Region. Grundlage sind CO2-Messungen des chinesischen Umweltsatelliten TanSat, Flugzeugmessungen im Bereich des asiatischen Monsuns und fortgeschrittene Atmosphärensimulationen.

Wichtige Projektziele sind die Identifikation von CO2-Quellen und Senken sowie die Bestimmung der zeitlichen Entwicklung regionaler CO2-Flüsse über China.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die globale Klimawirksamkeit des asiatischen Monsuns. Das Monsunsystem wirkt wie ein gigantischer Fahrstuhl für Schad- und Treibhausgase in höhere Atmosphärenschichten (15 bis 20 km). Klimagase wie Wasserdampf und Schwefelverbindungen werden hier global verteilt und wirken sich besonders stark auf die Strahlungsbilanz der Atmosphäre aus. 

Im Interview mit der Wissensplattform Erde und Umwelt erklärt Professor Martin Riese vom Institut für Energie und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich die wichtigsten Aufgaben und Ziele der Forschungsarbeiten. 

Wie wollen Sie Satellitendaten mit Flugzeugmessungen vergleichen?
Prof. Martin Riese: TanSat liefert Informationen über die CO2-Säule, die sich über den Messorten in der Atmosphäre befindet. Mit dem Flugzeug werden lokale (in-situ/Anm. d. Red.) Messungen in der momentanen Flughöhe durchgeführt. Durch Aufsummieren der Messungen vom Erdboden bis in 20 km Flughöhe kommt man zu einer sehr guten Schätzung der Säule, die dann mit der Satellitenmessung verglichen werden kann. Die besten Ergebnisse ergeben sich, wenn die Startzeit des Flugzeugs auf den Überflug des Satelliten abgestimmt wird. 

Was kann man aus den Flugzeugmessungen lernen, das über die Überprüfung der Satellitenmessungen hinaus geht?
Bei den Satellitenmessungen kann man zwar feststellen, ob über einem Messort die Menge an CO2 in der Säule erhöht ist. Wir wissen aber noch nicht, auf welchen Höhenbereich diese Erhöhung zurückzuführen ist. Diese Information erhält man nur aus höhenaufgelösten Flugzeug- oder Ballonmessungen. Die zusätzliche Anwendung von Transportmodellen ermöglicht dann für einige Substanzen sogar eine Rückverfolgung erhöhter Konzentrationen bis in die Quellgebiete. Unsere geplanten Flugzeugmessungen werden insgesamt zu einem besseren Verständnis der Transportwege von Schadstoffen und Treibhausgasen aus den Quellregionen in höhere Atmosphärenschichten führen. Der asiatische Monsun spielt für den südostasiatischen Raum in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.

Können Sie uns erklären, warum in 10 – 20 km Höhe Treibhausgase besonders klimawirksam sind?
Das liegt an der Natur des Treibhauseffekts. Dieser wird besonders groß, wenn sich ein Treibhausgas in einer vergleichsweise kalten Atmosphärenschicht befindet. In der Atmosphäre nimmt die Temperatur in der Troposphäre mit der Höhe ab. Sie kennen dies sicher vom Bergsteigen oder Fliegen. In der Stratosphäre steigt die Temperatur dann wieder an. Die Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre, die Tropopause, ist besonders kalt. Die Erhöhung eines Treibhausgases in diesem Bereich beeinflusst die Bodentemperatur deutlich stärker als eine entsprechende Erhöhung in einer bodennahen Atmosphärenschicht. Bei mittleren Breiten befindet sich die Tropopause in etwa 10 km Höhe und ist ca. -50 Grad Celsius kalt. In den Tropen liegt die Tropopause sogar in etwa 15 km Höhe und ist ca. -80 Grad Celsius kalt.   

Warum interessieren Sie sich auch für Wasserdampf und Schwefelverbindungen?
Wasserdampf ist das wichtigste Treibhausgas. Der so genannte „Wasserdampffeedback“ der unteren Atmosphärenschichten verdoppelt in etwa die Erwärmung des Erdklimas durch anthropogene Treibhausgase wie CO2. Unser Wissen über den Klimaeinfluss möglicher Wasserdampfschwankungen im Bereich der kalten Tropopause ist dagegen sehr beschränkt. Neuere Arbeiten zeigen, dass die asiatische Monsunzirkulation einen erheblichen Einfluss auf das Wasserdampfbudget in der unteren Stratosphäre ausübt, auch über Europa. Der asiatische Monsun trägt außerdem maßgeblich zum Eintrag von Schwefelsubstanzen aus Vulkanausbrüchen in die Stratosphäre bei. Diese Substanzen werden letztendlich in stratosphärisches Hintergrundaerosol umgewandelt, welches Sonnenlicht reflektiert und sich damit kühlend auswirkt. Inwieweit anthropogene Schwefelverbindungen aus Südostasien dabei eine Rolle spielen ist unklar und sollte weiter erforscht werden.  

Welchen Einfluss haben Luftverschmutzungen in China auf die Luftqualität in Deutschland?
Die steigenden Emissionen langlebiger Treibhausgase wie CO2 wirken sich auf das globale Klima und damit auch auf Deutschland aus. Eine signifikante Beeinflussung der Luftqualität in Deutschland ist allerdings nicht gegeben. Die Luftverschmutzung in China durch Aerosole und Treibhaussubstanzen mit kürzeren Lebenszeiten wirken sich aber über Luftqualität-Klima-Wechselwirkungen wohl auch auf Deutschland aus. In diesem Bereich gibt es aber noch sehr viele offene Forschungsfragen. Zu ihrer Beantwortung müssen wir sicher die Transportwege im Bereich des asiatischen Monsuns charakterisieren, welche die stark verschmutzten Luftmassen über Indien oder Südchina mit der unteren Stratosphäre verbinden.

Die Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich zur Deutsch-Chinesischen Klimaforschung können Sie hier nachlesen.

Die Fragen stellte Dr. Ute Münch, Wissensplattform "Erde und Umwelt".

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