Eine Weltneuheit. Erstmals wird mit der Litterbase (www.litterbase.org) das gesamte publizierte Forschungswissen über Müll im Meer in einer einzigartigen Gesamtschau als Datenbank und kartographisch zusammengetragen. Wo wurde Müll im Meer nachgewiesen? Welche Wechselwirkungen zwischen Müll und Organismen wurden erforscht? Die Litterbase ist eine interaktive Weltkarte der Erforschung von Müll im Meer. Die Litterbase des Alfred-Wegener-Instituts untergliedert die wissenschaftlichen Publikationen thematisch. Sie zeigt, welche Studien verfügbar sind, die die Besiedlung des Mülls durch Meeresorganismen thematisieren. Viele Arten besiedeln treibenden Müll. Sie können als Mitreisende mit den Meeresströmungen über ihre natürlichen Verbreitungsgrenzen hinaus verschleppt werden und unter Umständen ganze Ökosysteme verändern. Es können darüber hinaus Studien gefiltert werden, die sich allein mit physisch in Müll verfangenen Lebewesen, wie beispielsweise Tieren in verloren gegangenen Fischereinetzen, beschäftigen. Der Nutzer hat die Möglichkeit, die Mengen des Mülls in unterschiedlichen Größengruppen (Makro: > 5 mm, Mikro: ? 5 mm, Nano: ? 100 nm) und in den verschiedenen Lebensräumen des Meeres (am Strand, an der Wasseroberfläche, in der Wassersäule oder am Meeresboden) gesondert darzustellen.

Viele weiße Flecken in Polargebieten oder dem Indischen Ozean

Die Verteilungskarte biologischer Auswirkungen verdeutlicht, dass besonders viele Studien zu Interaktionen aus dem Atlantik, dem Mittelmeer und dem Nordpazifik stammen. Als Interaktion wird hier jeglicher Kontakt zwischen Organismen und Müll verstanden. Häufig verzehren Tiere Müll oder verstricken sich darin, wodurch ihr Verhalten beeinträchtigt werden kann, oft mit tödlichen Folgen. In anderen Regionen wie dem Indischen Ozean und den Polargebieten ist dies kaum untersucht wurden, auch nicht ob Organismen auf Müll siedeln. Hier sind die weißen Flecken in der Forschungslandschaft besonders groß – und ebenso groß ist der damit verbundene Forschungsbedarf. Die aktuelle Verteilungskarte zu Müllmengen zeigt, dass für einige Gebiete, wie z.B. dem Mittelmeer-Raum, bereits viele Informationen vorliegen. Weit weniger wissen wir jedoch über das Ausmaß der Verschmutzung im Tropengürtel, um Afrika, in den offenen Ozeanen oder in den Polarregionen. Zudem zeigen die Karten, dass die Müllmengen innerhalb einzelner Meeresregionen zum Teil erheblich schwanken – beispielsweise im Südwest-Pazifik und Ost-Asien. Kunststoffe bilden im Übrigen in den meisten Lebensräumen den Großteil des Mülls, 68–85 Prozent nach aktuellem Stand.

Darüber hinaus veranschaulichen die Infografiken die Zusammensetzung des Mülls in verschiedenen Lebensräumen der Ozeane. Dabei werden Müll und Plastikmüll getrennt voneinander dargestellt. Am Meeresboden und an den Stränden finden sich zudem große Mengen von Kunststoffgranulat. Dies ist der Grundstoff der kunststoffverarbeitenden Industrie, welcher beim Transport oder Herstellungsprozess immer wieder in die Umwelt gelangt. In der Wassersäule und an der Meeresoberfläche treiben überwiegend Kunststofffragmente und Styropor im Mikroplastik.

Die neue AWI-Litterbase mit ihren Analyse-Tools ermöglicht Forschern, Politikern, Journalisten und Lehrern erste Schätzungen darüber, welche Tiergruppen besonders betroffen sind und liefert punktuell sehr genaue Angaben, wie sich der Müll in verschiedenen Lebensräumen zusammensetzt. Außerdem ist die komplette verwendete wissenschaftliche Fachliteratur verlinkt, so dass Interessierte einen tollen Einstieg in die weitere Recherche finden. Die Datensätze werden vom AWI-Team laufend aktualisiert, sodass das vorhandene Wissen für alle Experten und Interessierten jeweils auf dem aktuellen Stand verfügbar gemacht wird.

Die AWI-Litterbase wird von dieser Wissensplattform „Erde und Umwelt“ der Helmholtz-Gemeinschaft (Earth System Knowledge Platform, ESKP) gefördert. ESKP bündelt die Kompetenzen von acht Helmholtz-Zentren im Forschungsbereich Erde und Umwelt.

Text: Oliver Jorzik (ESKP), Pressemitteilung AWI

Linktipp:
  Artikel zu den Forschungsmethoden: "Plastik im Wasser zu finden ist schwerer als man denkt" im ESKP-Themenspezial "Plastik in Gewässern"

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