Den Wasserkreislauf durch die Erdoberfläche und die Atmosphäre erleben wir im Alltag. Am Himmel ziehen Wolken auf. Niederschlag fällt als Regen, Hagel oder Schnee, versickert im Boden, füllt Meere, Seen und Flüsse. Durch Einwirkung von Wärme verdampft das Wasser wieder. Der Wasserdampf steigt in die Atmosphäre auf, kühlt sich wieder ab, kondensiert, und bildet dabei neue Wolken oder Nebel. Jedoch beschränkt sich der Wasserkreislauf der Erde nicht auf die Erdoberfläche und die Atmosphäre. Auch in großer Tiefe, in der Erdkruste und im Erdmantel, bewegt sich Wasser.

Wie dringt Wasser tief in die Erde ein?

An Subduktionszonen bewegen sich zwei tektonische Platten aufeinander zu. Für die herannahende, schwerere ozeanische Platte stellt die leichtere kontinentale Platte ein Hindernis dar. Durch die Kollision biegt sich die ozeanische Platte nach oben - ähnlich wie ein Blatt Papier, das man auf einem Tisch gegen eine angrenzende Wand schiebt. Im Bereich dieser Aufwölbung, etwa 200 km vor der Küste, dehnt sich der obere Teil der Lithosphäre. Unter der dabei entstehenden Spannung kann es dazu kommen, dass die Platte bricht. In solchen Fällen verschieben sich meist die Bruchstücke vertikal gegeneinander, wobei die vorderen Fragmente nach unten, in Richtung des Tiefseegrabens absacken. In diese Spalten und Schwächezonen, den so genannten Biegeverwerfungen, können Sedimente und Meerwasser eindringen. An einigen Subduktionszonen der Erde, beispielweise westlich vor Nicaragua in Mittelamerika, sind diese Spalten sehr tief. Sie reichen bis in den Erdmantel.

Wenn die ozeanische Platte mit ihren Biegeverwerfungen weiter abtaucht, wird sie fortschreitend höheren Temperaturen und Druckbedingungen ausgesetzt. Oberflächlich ist in der ozeanischen Platte ein Teil des Wassers nur verhältnismäßig locker an Tonminerale gebunden, den sehr feinkörnigen Teil der Meeressedimente. Im flachen Bereich der Subduktionszone wird dieses Wassers wieder aus der Platte herausgequetscht. Dort hingegen, wo in den tiefen Spalten der ozeanischen Platte das Wasser mit dem Erdmantel in Kontakt kommt, entstehen durch chemische Reaktionen stabile, wasserhaltige Minerale. Das Mineral Olivin, Hauptbestandteil des Erdmantels, verbindet sich mit Wasser zu Serpentin. Der Serpentin übersteht die mit dem Abtauchen der Platte verbundenen steigenden Temperaturen und Drücke bis zu Tiefen über 100 km. Erst dort wird sein Kristallgitter instabil. Ein Teil der Wasserpartikel wird aus dem Mineral herausgelöst und in den darüber liegenden Erdmantel abgegeben. Hier trägt es zur Entstehung von Magmen bei, und darüber formen sich Vulkane. Der andere Teil wird weiter in die Tiefe transportiert. So gelangt Wasser auch in Bereiche des Erdmantels fernab einer Subduktionszone.

Was hat der Erdmantel mit dem Leben auf der Erde zu tun?

Wasser ist im Erdmantel ein inkompatibles Element. “Inkompatibel” beschreibt das chemische Verhalten einer Substanz. Hier bedeutet dies, dass der Mantel bestrebt ist, das Wasser abzustoßen. Bildet sich durch Schmelzen des Mantels ein neues Magma, so sammelt sich das Wasser bevorzugt in der Schmelze und nicht im verbleibenden mineralischen Teil des Mantels. Über die Schmelze wird es dann an die Erdoberfläche befördert. Dort versorgt es die Lebewelt, und wird Bestandteil des oberflächlichen Wasserkreislaufs. Über Regen und Flüsse gelangt es zurück in den Ozean. Wenn sich unter dem Ozean eine Subduktionszone mit Biegeverwerfungen befindet, kann es teilweise über einen großen Kreislauf wieder zurück in das tiefe System transportiert werden. Würde der Mantel diese Eigenschaft nicht aufweisen, gäbe es auf der Erde kein Leben.

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