Im Juni 2013 wurden insbesondere Süd- und Ostdeutschland schwer durch das Hochwasser von Donau und Elbe sowie deren Nebenflüssen getroffen.

Die Analyse solcher Extremereignisse ist wichtig, um die für die Entstehung und die räumliche Ausprägung wesentlichen Faktoren und deren Zusammenwirken besser zu verstehen. Dieses Wissen ist sowohl für die schnelle Einordnung und Lagebewertung zukünftiger Hochwassersituationen als auch für die Ableitung möglicher Extremszenarien als Planungsgrundlage für den Katastrophenschutz unverzichtbar. Daraus ergibt sich die verbesserte Einschätzung räumlicher Risiken und der zu erwartenden Schäden. Hochwasser sind und bleiben eine enorme Herausforderung für die Bewältigung, den Katastrophenschutz und die Regeneration, also den Wiederaufbau von Gebäuden oder Infrastrukturen und die Bereinigung von Agrar- und Naturflächen.

An der Sektion 5.4 Hydrologie des Deutschen GeoForschungsZentrums wird deshalb ein Katalog für großräumige Hochwasser in Deutschland aufgebaut. In diesem Katalog werden räumlich detaillierte Tagesniederschlagswerte sowie mittlere Tagesabflüsse an rund 160 Pegeln für insgesamt 76 großräumige Hochwasser der vergangenen 60 Jahre zusammengefasst. Auf dieser Grundlage können großräumige Hochwasser in Deutschland miteinander verglichen werden. Aggregierte Indikatoren erfassen die räumliche Ausdehnung und das Ausmaß von hydro-meteorologischen Faktoren wie die Vorfeuchte des Bodens innerhalb des Einzugsgebiets, die Niederschlagsmengen, die Abflusssituation in den Gewässern vor dem Hochwasser und die Hochwasserscheitelabflüsse (höchster Abfluss während eines Hochwassers). Diese Indikatoren ermöglichen die zeitnahe Einordnung eines Hochwassers hinsichtlich der Ereignisstärke sowie Aussagen bezüglich der Bedeutung der einzelnen Faktoren

Neueste Auswertungen großräumiger Hochwasser, die im Rahmen des aktuellen CEDIM-Forschungsprogramms zur forensischen Katastrophenanalyse gemeinsam vom Karlsruher Institut für Technologie und dem Deutschen GeoForschungsZentrums durchgeführt wurden (Schröter et al. 2015), zeigen, dass Ereignisniederschlag und Vorfeuchte des Bodens im Einzugsgebiet in gleicher Weise für die Entstehung schwerer großräumiger Hochwasser relevant sind (Abb. 1). So wurde beispielsweise das Hochwasser von Donau und Elbe im Juli 1954 durch langanhaltende, extreme Niederschlagsmengen ausgelöst. Für das Hochwasser von Donau und Elbe im Juni 2013 spielte die außergewöhnlich hohe Vorfeuchte der Einzugsgebiete eine entscheidende Rolle.

Die statistische Analyse der hydro-meteorologischen Faktoren (Abb. 2) zeigt, dass die Niederschläge Ende Mai/Anfang Juni 2013, die letztlich das Hochwasser auslösten, nicht außergewöhnlich hoch waren. Erhöhte 3-Tages-Niederschlagsmengen traten lediglich lokal begrenzt, insbesondere an den Nordrändern des Erzgebirges, der Schwäbischen Alb und der Alpen, auf (Abb. 2a). Gebirge stellen generell ein Hindernis für die Luftströmung dar. An diesem Hindernis steigt die Luft auf und kühlt sich dabei ab. Wolkenbildung und Niederschläge sind die Folge.

Die Niederschläge in den Wochen vor dem Hochwasser im Verlauf des Monats Mai hatten eine räumlich weit ausgedehnte und extreme Vorfeuchte des Bodens in Deutschland zur Folge (Abb. 2b). Ursächlich für diese Entwicklung war die Ausbildung eines quasi-stationären Höhentrogs (Höhentiefdruckgebiet) über Mitteleuropa. An dessen Ostflanke wurden beständig warme und feuchte Luftmassen aus Südosteuropa nach Norden und Richtung Deutschland und Österreich geführt. Ende Mai/Anfang Juni 2013 fielen erneut hohe Regenmengen in den bereits sehr feuchten Gebieten in Sachsen, Thüringen und Bayern. Die räumliche Überlagerung von hoher Bodenvorfeuchte und erneutem Niederschlag hatte eine verstärkte Abflussbildung zur Folge. Insbesondere das Einzugsgebiet der Saale war zudem von außergewöhnlich hohen Abflüssen im Vorfeld des Hochwassers im Juni 2013 betroffen (Abb. 2c). Die Abflusskapazitäten der Gewässer waren somit schon stark beansprucht. Das Zusammenwirken der genannten Faktoren war für die Entstehung der Hochwasserabflüsse im Juni 2013 in Deutschland entscheidend. Die räumliche Ausdehnung und die Höhe der Hochwasserscheitelabflüsse über einem Wiederkehrintervall von 5 Jahren im Juni 2013 markieren einen neuen Rekord für großräumige Hochwasser in Deutschland seit mindestens 60 Jahren.

Für die Entstehung großräumiger Hochwasser können, neben der Vorfeuchte des Bodens und dem Niederschlag, weitere Faktoren wie beispielsweise saisonal erhöhte Anfangsabflüsse im Winter und Frühjahr, Schneeschmelze, Eisstau oder die räumliche Überlagerung der verschiedenen Faktoren ebenfalls eine große Rolle spielen. Demnach können auch bei vergleichsweise geringen Niederschlagsmengen und/oder Vorfeuchtewerten schwere großräumige Hochwasser entstehen. Die Hochwasser der Donau vom Januar 1988 und im Februar 1981 der Elbe und Weser deuten darauf hin (Abb. 1). Diese Zusammenhänge werden in zukünftigen Untersuchungen betrachtet.

Quelle

  Schröter, K., Kunz, M., Elmer, F., Mühr, B., Merz, B. (2015): What made the June 2013 flood in Germany an exceptional event? A hydro-meteorological evaluation, Hydrol. Earth Syst. Sci. 19(1). pp 309-327. Link

Text, Fotos und Grafiken soweit nicht andere Lizenzen betroffen: eskp.de | CC BY 4.0
eskp.de | Earth System Knowledge Platform – die Wissensplattform des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft