Über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg kam es im Mai und Juni 2016 in weiten Teilen Deutschlands wiederholt zu schweren Gewittern, die hohe Schäden nach sich zogen und sogar mehrere Todesopfer forderten. Extreme Regenmengen von mehr als 100 mm in wenigen Stunden führten dazu, dass kleine Bäche dramatisch anschwollen und binnen kürzester Zeit ganze Ortschaften überfluteten. Die Episode schadenträchtiger Unwetter setzte am 29. Mai in Braunsbach (Baden-Württemberg) ein, wo eine Flutwelle von bis zu 3,5 m Höhe über 80 Gebäude beschädigte, von denen fünf vollständig zerstört wurden. Nur drei Tage später kam es in Simbach am Inn (Bayern) zu schweren Überflutungen, nachdem der örtliche Pegel innerhalb von nur zwölf Stunden von 20 cm auf mehr als 5 m angestiegen war. Das Ahrtal im nördlichen Rheinland-Pfalz war sogar an mehreren Tagen von heftigem Starkregen betroffen, wie die Karte der maximalen 7-tägigen Regensumme zeigt (Abb. 1), und erlebte in der Folge das schlimmste Hochwasserereignis seit Beginn der Aufzeichnungen. Extremwertanalysen bezüglich 24-stündiger und siebentägiger Niederschlagssummen ergaben lokale Wiederkehrperioden von über 200 Jahren, an manchen Orten sogar weit darüber. Dies bedeutet, dass es sich um mehr als sogenannte Jahrhundertereignisse handelte. Alle Ereignisse in Deutschland zusammengenommen, beläuft sich der Schaden auf 1,2 Milliarden Euro (GDV, 2016).

Meteorologische Analyse

Im Vorfeld der Unwetterperiode gelangten schwül-warme subtropische Luftmassen nach Deutschland, die unter anderem durch die Sonneneinstrahlung weiter labilisiert wurden. Anschließend ging ein ausgedehntes, flaches Bodentief über dem westlichen und südlichen Deutschland mit verbreiteter Hebung der Luftmassen einher. Die bemerkenswerte Länge der Gewitterserie lässt sich mit der zu dieser Zeit vorherrschenden Omega-Wetterlage erklären, bei der ein starker Hochdruckrücken flankiert von zwei Tiefdrucktrögen eine Blockade der großräumigen Wettersituation bewirkt. Weiterhin waren die Luftdruckgegensätze und damit auch die Windgeschwindigkeiten am Boden und in mittleren Höhen sehr gering. Daher verlagerten sich die Gewitterzellen nur sehr langsam oder blieben gar stationär, was örtlich zu den sehr hohen beobachteten Niederschlagsakkumulationen führte.

Wissenschaftler des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO) und des Centers for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben diese Unwetterperiode aus meteorologischer Sicht analysiert (Piper et al., 2016). Ein Ziel ihrer Studie war es, die Persistenz, also die Andauerneigung, der gewitterträchtigen Bedingungen in Bezug auf einen 55-jährigen Referenzzeitraum zu bewerten. Den Analysen zufolge konnten Cluster mit 10 aufeinanderfolgenden Tagen, an denen in einer beliebigen Region in Deutschland Extremniederschläge fielen, im Referenzzeitraum bisher nur dreimal beobachtet werden1. Ähnliches gilt für die Kombination von geringer atmosphärischer Stabilität und geringer Windgeschwindigkeit in mittleren Höhen. Ein 13-tägiges Cluster, wie im Mai/Juni 2016 zu beobachten war, kam im 55-jährigen Kontrollzeitraum insgesamt nur zweimal vor2. Weiterhin haben die Forscher ein indirektes, auf mehreren Variablen basierendes (multivariates) Verfahren entwickelt und auf Daten eines Reanalysemodells angewendet (CoastDatII vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht). Mit dem Modell lässt sich die Gewitterneigung für jeden Tag seit 1960 bestimmen. Für die Unwetterperiode 2016 selbst ergibt sich eine Aneinanderreihung von 11 solcher konvektiven3 Tage. Aus der statistischen Evaluierung des gesamten Referenzzeitraums folgt, dass die Wahrscheinlichkeit für solch eine Gewitterserie bei weniger als 1% liegt (Abb. 2).

Einfluss des Klimawandels allenfalls indirekt

Mit Blick auf einen möglichen Einfluss des Klimawandels weisen die Autoren darauf hin, dass die Gewitterepisode 2016 weder von großräumigen Feuchtetransporten noch von positiven Temperaturanomalien, d.h. ungewöhnlich hohen Temperaturen bestimmt war. Offenbar spielte die Verknüpfung von Temperatur und Labilität, wie sie in früheren Arbeiten4 beobachtet wurde, in diesem Fall keine entscheidende Rolle. Folglich ist allenfalls ein indirekter Einfluss des Klimawandels denkbar, der insgesamt zu einer Intensivierung des Wasserkreislaufs führt.

1Wahrscheinlichkeit p = 0,3%; Extremniederschläge definiert als Überschreitung des 99,9% Quantils; REGNIE-Daten des Deutschen Wetterdienstes DWD.
2
Wahrscheinlichkeit p = 0,2%
3
Konvektiv:In der Meteorologie bezeichnet Konvektion vertikale Luftströmungen. Konvektion stellt sich dann ein, wenn ein gehobenes Luftpaket wärmer ist als die Umgebung und damit einen positiven Auftrieb, also eine Hebung, erfährt. Feuchtkonvektion zeigt sich durch die typischen haufenförmigen Wolken der Gattung Cumulus.
4
z.B. Mohr und Kunz (2013)

Literaturhinweise

Piper, D., Kunz, M., Ehmele, F., Mohr, M., Mühr, B., Kron, A.. Daniell, J.E. (2016): Exceptional sequence of severe thunderstorms and related flash floods in May and June 2016 in Germany. Part I: Meteorological background. Natural Hazards and Earth System Sciences 16(12): pp 2835-2850. Link

Mühr, B., Daniell, J., Ehmele, F., Kron, A., Dittrich, A., Kunz, M. (2016): Hochwasser/Überschwemmung Süddeutschland Mai/Juni 2016. CEDIM FDA Report. pp 1-13. Link

Mohr, S., Kunz, M. (2013): Recent trends and variabilities of convective parameters relevant for hail events in Germany and Europe. Atmospheric Research 123. pp 211-228. Link

Text und Daten in Kooperation mit CEDIM. Das Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

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