Waldbrände setzen sehr viel CO2 frei, sind für die größten natürlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich (Yue & Gao, 2018) und vernichten für die Klimaregulierung wichtige Kohlenstoffsenken. Insbesondere durch das Abbrennen der Regenwälder werden große Mengen Kohlenstoff in die Atmosphäre gebracht. Gleichzeitig reduziert sich damit die Menge des Kohlendioxids, das durch die Regenwälder der Atmosphäre entnommen und in der Biomasse des Regenwaldes gebunden werden kann. Große Vegetationsfeuer im tropischen Regenwald tragen erheblich zum globalen Treibhauseffekt bei (Seiler & Crutzen, 1980; Bowman et al., 2018). Brände können aber auch artenreiche Urwälder bedrohen, und sie bilden eine Gefahr für waldnahe Siedlungen. Grund genug, die Feuer genauer zu beobachten. „FireBIRD“ heißt die Mission des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR), die diese Aufgabe übernimmt. Die Mission betrifft die Satelliten TET-1 und BIROS, von denen letzterer nach wie vor aktiv ist.

Die Satelliten der FireBIRD-Mission sind leistungsfähige, aber vergleichsweise kostengünstige Kleinsatelliten – und damit auch Vorboten einer neuen Epoche in der Raumfahrt. Jeder von ihnen ist gerade mal so groß wie eine Waschmaschine. Blickt man hinter die Kulissen, dann kann man außerdem viel über Satelliten selbst und über neue Trends im Satellitenbau lernen.

Feuerbeobachtung aus dem Weltraum

Die Feuerbeobachtung aus dem Weltraum ist keine neue Idee. Schon länger sind orbitgestützte Systeme im Einsatz, die Feuer quasi „live“ erfassen bzw. detektieren können. Auch Wettersatelliten können unterstützend zur Detektion aktiver Feuer eingesetzt werden. Zudem gibt es viele Satellitensensoren, die zur Bestimmung bereits abgebrannter Flächen eingesetzt werden können. Die Daten dieser Satelliten haben aber den Nachteil, dass die Emissionen der Brände nur sehr ungenau abgeschätzt werden können, weil man aus der Brandfläche die Menge verbrannter pflanzlich-organischer Stoffe „im Nachhinein“ nur sehr grob bewerten kann. Solche Unsicherheiten in der Schätzung der Emissionen durch Vegetationsbrände sollen mit der verbesserten Feuerbeobachtung durch Satelliten verringert werden.

Die Anzahl der weltraumgestützten Sensoren, die zur Entdeckung aktiver Feuer geeignet sind, ist begrenzt. Aber noch kleiner ist die Anzahl der Sensoren, die aktive Feuer „live“ quantitativ bewerten können, die also Informationen über wichtige Eigenschaften von Feuern oder „Feuerattribute“ wie Größe, Intensität oder Temperatur eines Feuers liefern können. Ein sehr interessantes Feuerattribut ist die von den Feuern nach oben abgestrahlte Leistung, die sogenannte Fire Radiative Power (FRP). Die FRP ist ein Maß für die Intensität von Vegetationsfeuern wie Wald- oder Buschbränden. Sie wurde vor etwa 15 Jahren als eine klimarelevante physikalische Variable international anerkannt. Seit etwa 10 Jahren ist sie auch Bestandteil der sogenannten Essential Climate Variables (ECVs), nämlich die ECV „Fire Disturbance“. Bei den ECVs handelt es sich um physikalische, chemische oder biologische Variablen oder eine Gruppe von miteinander verbundenen Variablen, die entscheidend zur Charakterisierung des Erdklimas betragen. Aktuell gibt es 54 dieser „entscheidenden“ Klimavariablen.

Die Einführung solcher „entscheidender“ Klimavariablen resultierte u.a. aus der Inkohärenz der bei der Erdbeobachtung erhobenen Daten. Anwendungsexperten der europäischen Weltraumorganisation ESA und anderer internationaler Gremien der Erdbeobachtung führten daher ein System ein, dass die Daten vergleichbar macht und es erlaubt, neue Klimadatensätze für bestimmte Klimavariablen zu definieren – eben die genannten ECVs. Die Datensätze dieser neuen Klimavariablen sind offen und leicht zugänglich. Die ECV „Fire Disturbance“ besteht aus drei Komponenten: „Burned Area“ (Brandfläche), „Active Fire Detection“ (Lokalisierung der aktiven Feuer) und der oben beschriebenen „Fire Radiative Power“ (FRP), also der Strahlungsintensität eines Vegetationsfeuers.

Soll eine an der Klimavariablen „Fire Disturbance“ orientierte Feuerbeobachtung in allen drei Komponenten (Brandfläche, Aktives Feuer und Strahlungsleistung) mit einem Satelliten bewerkstelligt werden, stellt es den Satelliten- und Sensorbau vor eine komplexe Aufgabe, weil alle drei Aspekte unter einen Hut gebracht werden müssen. Es ist daher wichtig, mit mehreren „Augen“ gleichzeitig auf die Erde zu schauen und die verschiedenen „Sichtweisen“ übereinander zu legen, um einen Brand effektiv bewerten zu können.

Das Alleinstellungsmerkmal der FireBIRD-Satelliten ist die Fähigkeit, sehr genau hinsehen zu können. Es sind quasi „Feuer-Lupen“. Sie liefern feiner aufgeschlüsselte Daten als andere Feuerbeobachtungssysteme wie etwa das MODerate resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS, NASA), das Visible Infrared Imaging Radiometer Suite (VIIRS, NOAA/NASA) oder das Sea Land Surface Temperature Radiometer (SLSTR, europäisches Copernicus-Programm).

Das „Feuer-Lupen“-Potenzial von FireBIRD wird z.B. zur Validierung von Strahlungsleistungs- bzw. FRP-Werten eingesetzt, die mit den gröber auflösenden Sensoren MODIS, VIIRS und SLSTR anderer Satelliten gewonnen werden. Die FireBIRD-Satelliten können also dort genauer hinsehen, wo die genannten anderen Systeme die Feuersituation nicht präzise oder „fein genug“ erkennen. Unter günstigen Bedingungen ist das Sensorsystem der FireBIRD-Satelliten sogar in der Lage, ein etwas größeres Lagerfeuer auszumachen.

Die orbitalen Adleraugen des DLR können auch bei der akuten Brandbekämpfung helfen. Das zeigt zum Beispiel die Verwendung der FireBIRD-Aufnahmen bei den verheerenden Paradise-Feuern in Kalifornien vom November 2018. Der größte Waldbrand in der kalifornischen Geschichte verursachte nach Angaben des Rückversicherers Munich Re einen Schaden von 12 Milliarden Dollar (Munich RE, 2019). Damit handelte es sich um den weltweit teuersten Versicherungsschaden des Jahres 2018. Noch Tage nach den verheerenden Feuern in Paradise bekämpften mehr als 5.000 Feuerwehrleute die umliegenden Brände. Zu diesem Zeitpunkt konnte das DLR mit tagesaktuellem Kartenmaterial zu den Feuerherden und deren Strahlungsenergie präzise Hilfe leisten. Abgeleitet aus Satelliten-Daten konnten maßgeschneiderte Informationen erstellt werden (s. Tabelle 1). Dazu zählten farbskalierte Karten, die einen raschen, detaillierten und jeweils aktuellen Blick aus dem Weltraum auf Feuerherde und Feuertemperaturen sowie aktive Brandflächen ermöglichen.

Seit November 2019 beobachtet BIROS auch ausgewählte Feuer in Australien. In Australien wird zur Feuerbeobachtung vorwiegend der geostationäre Satellit HIMAWARI benutzt, der eine Auflösung von etwa 1 Kilometer hat. Geplant ist, die aktuellen FRP-Feuerdaten von BIROS zusammen mit australischen Kollegen mit den HIMAWARI-Daten zu vergleichen und letztere genauer zu bewerten, z.B. im Hinblick auf die abgeleiteten FRP-Werte.

Der Ablauf einer Satellitenmission

Jede Satellitenmission ist genau durchorganisiert, um einen möglichst reibungslosen Verlauf zu gewährleisten. Satellitenmissionen werden zwar kostengünstiger, aber sie erfordern immer noch genug Ressourcen, mit denen verantwortungsvoll umgegangen werden muss. Jede Satellitenmission muss sorgfältig geplant und organisatorisch begleitet werden. Daher wird jede Mission unabhängig von der Größe der Satelliten in bestimmte Missionssegmente untergliedert. Man unterscheidet dabei zwischen dem Nutzersegment, dem Startsegment, dem Raumsegment und dem Bodensegment.

Bei wissenschaftlichen Missionen wie FireBIRD besteht das Nutzersegment aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft, die die Daten auswertet und im Rahmen ihrer Forschungen nutzt. Bei solchen Missionen gibt es immer einen wissenschaftlichen Leiter der Mission, den „Principal Investigator“, kurz „PI“. Die Inhaberin oder der Inhaber dieser Rolle definiert schon zu Beginn einer Mission die Anforderungen an die verschiedenen Missionssegmente. Zudem achtet der PI in „Projekt Reviews“ darauf, dass seine Vorgaben möglichst genau umgesetzt werden.

Dass der Start ein sehr wichtiges Segment des Missionsablaufs ist, liegt auf der Hand. Zum Startsegment gehört auch der sorgfältig ausgewählte „Launch Service Provider“, d.h. der Anbieter, der die Trägerrakete und den Startplatz mit den zugehörigen Checkout-Räumen bereitstellt. Für den Start von TET-1 war die Weltraumorganisation der Russischen Föderation „Roskosmos“ zuständig, die TET-1 zusammen mit einem Hauptsatelliten „huckepack“ (engl. „piggyback“) am 12. Juli 2012 mit einer Sojus-Rakete vom kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur startete. BIROS wurde im Juni 2016 vom indischen Weltraumbahnhof Satish Dhawan Space Centre mit einer indischen Trägerrakete, „huckepack“ mit einem großen indischen Satelliten, in den Orbit gebracht. Der „Launch Service Provider“ war in diesem Falle also die indische Raumfahrtbehörde ISRO. Von den Elementen des Startsegments hängt zum Beispiel der Einschuß-Orbit des Satelliten ab, d.h. der Ausgangsorbit von dem aus er in seine eigentliche Umlaufbahn navigiert.

Das Raumsegment umfasst alle Aspekte der Bewegung des Satelliten im Raum. Die Feuerbeobachtungssatelliten TET-1 und BIROS bewegen sich als Mini-Konstellation auf polaren Bahnen um die Erde. Das hat den Vorteil, dass sich die Erde unter ihnen wegdreht und sie eine Abdeckung bis in hohe Breiten erreichen. Das Blickfeld der Satellitensensoren – ihre sog. „Schwadbreite“ –legt ein mehr oder weniger breites Aufnahme-Band um die Erdoberfläche. Zum Bodensegment gehören der Datenempfang und die Missionskontrolle. Hierzu zählen die technische Überwachung der Satelliten, ihre Kommandierung über Sende-Antennen und der Datenempfang mittels der Empfangsantennen.

Ein Satellit ist ein Weltraum-Bus

Ein Satellit ist im Prinzip eine Art Omnibus für den Weltraum, der verschiedene Nutzlasten im Orbit um die Erde transportiert. Und wie in einen betriebsfertig ausgestatteten Bus Passagiere einsteigen, so „steigen“ auch in einen Satellitenbus die Nutzlasten „ein“. Die Grundstruktur eines Satelliten wird daher in der Fachsprache auch als „Satellitenbus“ bezeichnet. Der Satellitenbus ist das Grundgerüst mit unterschiedlichen Systemen, das den Betrieb des Satelliten und seiner Nutzlasten im Weltraum ermöglicht.

Zur Ausstattung eines solchen Satellitenbusses gehören solche Subsysteme, die wichtig sind für die Navigation, die Kommunikation, die Energieversorgung, den Thermalhaushalt und ein oder mehrere Bordcomputer für die Lageregelung, und Rechner für die An-Bord Daten Verarbeitung, sowie zur Gewährleistung der „An-Bord-Autonomie“. Das Subsystem zur Lageregelung erlaubt den Satelliten als Ganzes zu drehen und beispielsweise ein Ziel auf der Erde mit der Kamera anzuvisieren. Bestandteil dieses Lageregelungssystems sind Sternkameras und Sonnensensoren. Die „An-Bord-Autonomie“. sorgt dafür, dass man den Satelliten nicht permanent vom Boden aus überwachen muss. Die FireBIRD-Satelliten TET-1 und BIROS basieren auf dem gleichen Satellitenbus, d.h. sie sind sich von außen betrachtet sehr ähnlich.

Der von der Astro- und Feinwerkstechnik GmbH in Berlin-Adlershof (kurz: „Astrofein“) und anderen Unternehmen gebaute „TechnologieErprobungsTräger-1“ (TET-1) heißt deshalb so, weil er zunächst eben genau das war: Eine Plattform im Orbit, mit deren Hilfe verschiedene als Nutzlasten an Bord genommene Technologien getestet werden sollten. Nachdem diese einjährige Erprobungsphase im Jahr 2013 vorüber war, wurde der TET-1 Satellit ausschließlich für den Betrieb des Sensorsystems zur Feuerbeobachtung genutzt.

Das gleiche Sensorsystem befindet sich auch an Bord des BIROS-Satelliten, der am Institut für Optische Sensorsysteme des DLR in Adlershof gebaut wurde. BIROS steht für Berlin InfraRed Optical System. Das Unternehmen Astro- und Feinwerkstechnik GmbH und das DLR-Institut befinden sich beide in unmittelbarer Nähe am Wissenschaftsstandort in Berlin-Adlershof. TET-1 wurde 2012 gestartet und wird seit 2013 vom DLR im Rahmen der FireBIRD-Mission genutzt. BIROS wurde 2016 gestartet und fliegt seitdem mit TET-1 in einer Mini-Konstellation.

Beide Satelliten sind weitgehend, aber nicht vollständig in „goldene Mäntelchen“ eingepackt. Diese Umhänge bestehen aus 23-lagigen Rettungdecken und bilden eine Superisolation, um eine günstige und möglichst wenig schwankende Arbeitstemperatur im Satelliteninnern zu sichern. Zur weiteren Thermal-Regulierung gibt es in sonnenabgewandten Bereichen unbedeckte Wärmeabstrahlflächen bzw. Radiatorflächen. Hier kann die Wärme abgegeben werden, die im Innern des Satelliten durch den Betrieb selbst erzeugt wird. Ein bisschen sehen die Satelliten daher wie in Goldfolie verpackte Weihnachtsgeschenke aus – mit den ausgeklappten Solararrays für die Energieversorgung als „Schleife“.

Die wichtigste Nutzlast: Die Augen der „Feuervögel“

Erst die Nutzlast gibt einem Satelliten seinen Sinn. Ansonsten wäre er nur ein leeres Transportsystem im Orbit. Das dreigliedrige Sensorsystem von TET-1 und BIROS zeichnet sich dadurch aus, dass es in verschiedenen für die Feuerbeobachtung wichtigen Spektralbändern die Erde beobachtet und Daten liefert, die auf einer Karte dargestellt werden können.

Bei der Feuerbeobachtung aus dem Erdorbit gilt es, verschiedene wichtige technische Probleme zu lösen. Die Feuerbeobachtung erfolgt im Prinzip durch die Feststellung eines Kontrastes, der zwischen Feuer und den nicht brennenden Umgebung im Infrarotbereich besteht. Ein zur Erde gerichteter Feuersensor, funktioniert ähnlich wie eine Digitalkamera – nur dass er eben im Bereich infraroter Strahlungswellenlängen arbeitet. Für einen solchen Satellitensensor ist der Kontrast der von den Feuern aufsteigenden Strahlung zur Strahlung des benachbarten nicht brennenden Hintergrunds im mittleren Infrarot so stark, dass ein Pixel, in welchem das Feuer nur 1 Prozent der Fläche ausfüllt, ein wesentlich stärkeres Signal liefert als ein benachbartes Hintergrundpixel ohne Feuer. Das Spektralband im mittleren Infrarot, in dem ein starker Hitzekontrast erkennbar wird, bezeichnet man auch als MIR-Band (MIR = „Medium InfraRed“). Das MIR-Signal eines Pixels mit 300 m x 300 m Kantenlänge am Boden, welches eine 3 m breite Feuerfront erfasst, hebt sich deutlich von den vom Feuer unberührten Pixeln ab. Ist das Feuer damit also schon zuverlässig erkannt? Nein, nicht ganz.

Ein Problem, dass sich auch bei der Feuerbeobachtung aus dem Orbit ergibt, ist das des „falschen Alarms“, der auch auf der Erde bekannt ist. Falschalarme bei der Feuerbeobachtung haben ihren Ursprung zum einen in von der Sonne aufgeheizten Sand- oder Gesteinsflächen, und zum anderen in Sonnenreflexen auf Gewässern. Beide Falschalarme erzeugen ein Pixelsignal im MIR-Band, das dem eines Subpixelfeuers entspricht.

Um dieses Problem zu lösen, werden Messungen in weiteren Spektralbändern herangezogen. Von besonderem Interesse ist hierbei ein Band im thermalen Infrarot, das sogenannte TIR-Band. Die Hinzuziehung des TIR-Bandes ermöglicht es, aufgeheizte Flächen als Falschalarme zu erkennen. Außerdem kann mit Unterstützung des TIR-Bandes eine genauere Bewertung der Feuer durchgeführt werden, d.h. der bi-spektrale MIR/TIR-Sensor liefert Daten, die zur Ableitung verschiedener Feuerattribute, wie Fläche, Temperatur und FRP, gebraucht werden. Man sieht also nicht nur, dass es brennt, sondern man erfährt auch physikalische Einzelheiten über die Brände.

Für die Unterscheidung zwischen Feuern und Sonnenreflexen wird ein drittes Spektralband benötigt, was entweder im sichtbaren roten Spektralbereich (VIS-red) oder im nahen Infrarot („Near InfraRed / NIR“) liegen muss und dessen Signal ins Verhältnis zum MIR-Band gesetzt wird. Das NIR-Band ermöglicht es außerdem, bei Tag Wolken sehr gut zu erkennen, was wichtig ist, denn die Feueranalyse erfolgt stets nur in wolkenfreien Gebieten. TET-1 und BIROS verfügen beide über ein Sensorsystem (Abb. 1, Nr. 8), dass die wichtigen Bänder (MIR, TIR, VIS, NIR) erfasst und sie alle zugleich auf demselben Ort auf der Erde bildhaft abbilden kann. Das und die räumliche Auflösung von ca. 300 m erlaubt die Feuerbeobachtung mit Adleraugen aus 500-600 km Höhe.

Aus dem Gesagten lässt sich schon erahnen, dass TET-1 und BIROS die Erde ganz anders sehen, als etwa ein Astronaut, der aus der ISS auf sie herabschaut und mit seinen Augen nur das reflektierte Sonnenlicht im Wellenlängenbereich von 0,4 bis 0,6 Mikrometer wahrnehmen kann. Abbildung 5 zeigt Spektraldiagramme von vier unterschiedlichen Quellen, wobei jeweils die von der Erde aufsteigende Strahlungsintensität in Anhängigkeit von der Wellenlänge der Strahlung (λ = „Lambda“) darstellt wird. Spektraldiagramme finden auch in der Astronomie ihre Anwendung, beispielsweise um Sonnenspektren zu analysieren. In der Abbildung wird also die Intensität der Strahlung von vier verschiedenen Objekten als Kurve dargestellt, wie sie von oberhalb unserer Atmosphäre – und durch ihre „Strahlungsfenster“ – zu „sehen“ ist. Grau unterlegt sind die vier für die Feuerbewertung jeweils besonders interessanten Spektralbänder der Satellitensensorik.

Die rot gestrichelte Kurve zeigt die Strahldichte eines Feuers, welches ein Sensorpixel zu 1% ausfüllt (der Rest von 99% ist nicht brennender Vegetationshintergrund). Die gelb punktierte Kurve zeigt die Strahldichte eines Sonnenreflexes, der ein Sensorpixel zu 1% ausfüllt (der Rest von 99% ist nicht sonnenreflektierende Wasseroberfläche). Die weiß strich-punktierte Kurve zeigt die Strahldichte eines auf 320 K oder 47°C aufgeheizten Sand- oder Gesteinsbodens und die grüne Kurve zeigt die Strahldichte nicht-brennender Vegetation bei 300 K oder 27°C.

Von den im Diagramm ebenfalls sichtbaren tiefen „Tälern“ in den Strahlungsverläufen darf man sich nicht irritieren lassen. Sie rühren daher, dass die Atmosphäre in bestimmten Wellenlängenbereichen die Strahlung absorbiert. Diese Absorptionslinien erklären sich aus der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre unseres Planeten und sind zum größten Teil dem Wasserdampf geschuldet. Im Rahmen der Feuerbeobachtung spielen sie keine wesentliche Rolle.

Ein weiterer Vorteil des Sensorsystems auf den FireBIRD-Satelliten ist, dass sie einen extrem hohen Dynamikbereich der Eingangssignale beherrschen. Viele andere IR-Sensoren auf Satelliten können zwar ein Feuer detektieren, aber sie erlauben es nicht, genauere Informationen zu Feuerattributen wie Feuertemperatur, Feuerfläche, Länge und Intensität der Feuerfronten oder der Strahlungsleistung zu messen, weil sie „in die Sättigung gehen“ und so das Signal quasi „kappen“ oder „deckeln“. Die Sättigung in der Sensorik führt folglich zur Verfälschung des Signals und damit auch der Information über die Intensität des Feuers, die der Satellit übermitteln kann. Es gibt nur wenige Satellitensensoren, die bei Temperaturen ausgedehnter Feuer von 1000 Kelvin (= 727 °C) nicht in die Sättigung gehen und gleichzeitig die Temperaturen der „kalten“ Umgebung des Feuers mit mindestens einem halben Grad Genauigkeit auflösen. Eine solche Auflösungsleistung ist aber nötig, um die aufsteigende Strahlungsleistung des Feuers zu bestimmen und nachfolgend daraus die Kohlenstoffemissionen der Feuer mit wesentlich höherer Zuverlässigkeit abzuschätzen als das aus der Auswertung der verbrannten Flächen möglich ist. Genaues Wissen über CO2-Emmissionen ist insbesondere für Klimamodelle relevant.

„BIROS-Zugabe“: Ein Cube-Sat an Bord

Eine Besonderheit des BIROS-Satelliten ist es, dass er als „mobile Nutzlast“ den Kleinsatelliten BEESAT 4 der Technischen Universität Berlin mitführte. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Cube-Sat, der im Orbit von einem dafür vorgesehenen Mechanismus ausgesetzt wurde. Dieser kleine Cube-Satellit hatte lediglich eine Größe von etwa 10cm x 10cm x 10cm Kantenlänge. BEESAT 4 wurde für das sogenannte AVANTI-Experiment des DLR im Rahmen der FireBIRD-Mission genutzt, bei dem BIROS sich von BEESAT-4 entfernte und sich dann wieder annäherte. Das Wiederannäherungsmanöver an BEESAT 4 gelang weit besser als ursprünglich geplant – bis auf 40 m konnte sich BIROS dem Minisatelliten wieder nähern. Das Absetzen eines solchen Miniaturbegleiters in der Schwerelosigkeit ist kein leichtes Manöver, auch weil die dabei auftretenden Kräfte zu einer Trudelbewegung des ausgesetzten Körpers führen können.

Eine weitere Herausforderung war die konstante und eigenständige Verfolgung des Minisatelliten mittels der Bordkameras. Um den Begleit-Satelliten im Blick zu behalten, musste BIROS sowohl seine Orientierung als auch seine Geschwindigkeit eigenständig verändern und der Richtung und Geschwindigkeit seines Begleiters anpassen können.

Die Philosophie einer „erschwinglichen Weltraummission“

Die Satelliten TET-1 und BIROS wurden im Kontext einer im DLR entwickelten „Affordable Space Mission“ geplant, also einer Strategie für eine erschwingliche Weltraummission. Diese Strategie ist auch für viele private Weltraumunternehmen und ihre Geschäftsmodelle charakteristisch, die neuerdings auf den Markt drängen und mit der Raumfahrt Geld verdienen möchten. Bekannt sind insbesondere amerikanische Unternehmen wie beispielsweise Elon Musks SpaceX oder Jeff Bezos‘ Blue Origin.

Zum Beispiel verfügt BIROS für die Kommunikation mit dem Begleitsatelliten BEESAT-4 über eine Antenne, die an der Außenseite des Satelliten angebracht ist. Dabei handelte sich schlicht um ein handelsübliches Stahlbandmaß aus einem Berliner Baumarkt, das aber seine Funktion ganz ausgezeichnet erfüllte. Stark verallgemeinert bedeutet das, dass man Kosten reduziert, indem man nicht die teuersten Bauelemente verwendet. Voll „weltraumfeste“, getestete Bauelemente sind viel teurer als sogenannte „Commercial Off The Shelf“-Bauelemente („COTS“). Durch die Verwendung von COTS Bauelementen erhöhen sich selbstverständlich die Risiken für den Betrieb im Orbit. Diese Risiken werden durch intensive Vor-Tests unter Weltraumbedingungen, durch Redundanzkonzepte und durch "intelligente" und autonome Algorithmen an Bord aufgefangen.

Beide FireBIRD-Satelliten wurden zudem „huckepack“ als Beiladungen zu den wesentlich größeren Hauptsatelliten in den Orbit verschifft. Das ist ein gängiges und kostensparendes Verfahren. Zusätzlich zu einer Hauptnutzlast, zum Beispiel einem großen, schweren und teuren Satelliten, nimmt die Trägerrakete noch kleinere Nutzlasten an Bord, um den vorhandenen Transportraum, sowie die mögliche Startmasse, und damit auch die investierten Ressourcen optimal auszunutzen.

Kostengünstige, aber leistungsstarke Kleinsatelliten – dahin geht einer der Trends der neuen Raumfahrt, die auch den werbewirksamen Namen „NewSpace“ trägt. Die FireBIRD-Mission erweist sich so gesehen nicht nur im Hinblick auf ihren Beitrag zur Erdbeobachtung und zur Erfassung von Feuern und ihren CO2-Emissionen als wichtig. Vielmehr ist sie ein gutes Beispiel für einen sich deutlich abzeichnenden Strukturwandel im Satellitenbau. Dieser Wandel zeichnet sich aus durch den Eintritt privater Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen in den Raumfahrtsektor, durch eine zunehmende Kooperation zwischen staatlich finanzierten Forschungsinstitutionen und Privatwirtschaft sowie durch wesentlich kostengünstigere Missionen mit Klein- und Kleinstsatelliten.

Fernerkundung aktiver Vulkane mit Kleinsatelliten

Eine Demonstrator-Mission anlässlich des Stromboli-Ausbruchs von 2014 zeigt, dass Kleinsatelliten hier neue Möglichkeiten für das Vulkanmonitoring bieten. Die Symbiose der Daten zukünftiger „feuer- und lavatauglicher“ Infrarot-Sensoren auf geostationären meteorologischen Satelliten und auf Kleinsatelliten, die in einem niedrigen Erdumlauf fliegen, kann zu einer neuen Qualität im Monitoring von Vulkanen führen. Mehr...

Referenzen

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Weiterführende Informationen

 EOWEB® GeoPortal (EGP) ist ein Multimissions-Erdbeobachtungsdatenportal des DLR. Hier können Erdbeobachtungsdaten aus dem Deutschen Satellitendaten-Archiv (D-SDA) bestellt werden. Die FireBIRD-Daten werden hauptsächlich von den Bodenstationen des DLR in Neustrelitz empfangen und im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR verarbeitet, archiviert und einer weltweiten wissenschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht. Die FireBIRD-Satelliten werden durch das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb in Oberpfaffenhofen betrieben und kontrolliert.

  Pyrozän: „Wir müssen mit dem Feuer leben“ (Interview mit Johann Goldammer in der Süddeutschen Zeitung)

 Webseite des DLR zur FireBIRD-Mission

DOI
https://doi.org/10.2312/eskp.007

Veröffentlicht: 24.12.2019, 6. Jahrgang

Zitierhinweis: Oertel, D., Terzibaschian, T. & Halle, W. (2019, 24. Dezember). FireBIRD sieht Waldbrände mit Adleraugen. Earth System Knowledge Platform [www.eskp.de], 6. doi:10.2312/eskp.007

Text, Fotos und Grafiken soweit nicht andere Lizenzen betroffen: eskp.de | CC BY 4.0
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