Biodiversität im modernen wissenschaftlichen Verständnis geht über Artenvielfalt weit hinaus und orientiert sich an der Vielfalt des Lebens insgesamt. Sie umfasst vier Dimensionen:

  • Die genetische Vielfalt innerhalb eines Ökosystems und innerhalb von Artengemeinschaften.
  • Die Anzahl der verschiedenen Arten in einem Ökosystem.
  • Die Diversität von Ökosystemen in einer geografischen Region wie beispielsweise Wattgebiete der Nordseeküste.
  • Die funktionelle Diversität, d.h. die unterschiedlichen Prozesse innerhalb eines Ökosystems wie Verhaltens- und Ernährungsweisen der Arten. Dazu zählen Räuber-Beute-Beziehungen zwischen Arten, Parasitismus oder Symbiosen, also die Funktionen die einzelne Arten einnehmen.

Die Artenvielfalt hat sich im Laufe der Erdgeschichte immer wieder verändert. Das heißt, unterschiedliche Arten von Pflanzen und Tieren mussten sich immer wieder neu an sich verändernde Lebensbedingungen anpassen. Das führte dazu, dass sich in Millionen Jahren viele neue Arten herausgebildet haben, andere Arten sind ausgestorben. Heute ist die biologische Vielfalt auf der Erde wesentlich durch menschliches Handeln beeinflusst und geht nicht zuletzt durch menschliche Eingriffe in Ökosysteme dramatisch zurück. Die Ursachen dafür liegen u.a. in einer intensiven Landnutzung begründet, der Verschmutzung von Meeren und Gewässern, der Verschmutzung an Land, aber auch im Klimawandel. Die Wissensplattform Erde und Umwelt (ESKP) hat zu Grundlagen und aktuellen Forschungsergebnissen ein umfangreiches Themenspezial "Biodiversität im Meer und an Land" veröffentlicht, an dem sich mehr als 60 Forscherinnen und Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft beteiligt haben.

Für viele Funktionen von Ökosystemen wie die Produktion von Biomasse und damit verbunden Nahrungsmitteln ist eine hohe biologische Vielfalt aber von großer Bedeutung. Die Convention on Biological Diversity (CBD), ein internationales Bündnis im Rahmen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie man Biodiversität schützen, erhalten und erhöhen kann. Dazu erarbeitet der CBD internationale Rahmenvereinbarungen. Eine wichtige Rahmenvereinbarung ist das 2003 in Kraft getretene Cartegena-Protokoll. Das Protokoll zielt darauf ab, die biologische Vielfalt vor den potenziellen Risiken zu schützen, die von lebenden veränderten Organismen ausgehen, die sich aus der modernen Biotechnologie ergeben. Es geht also um den Schutz genetischer Ressourcen. Eine weitere zentrale Rahmenvereinbarung ist das 2014 in Kraft getretene Nagoya-Protokoll.  Es geht darin um die faire und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergeben. Ein wichtiges Element sind die im Nagoya-Protokoll formulierten Aichi-Ziele (englisch Aichi-Biodiversity-Targets). Zum Beispiel soll bis 2020 die Verlustrate aller natürlichen Lebensräume einschließlich Wäldern mindestens um die Hälfte und nach Möglichkeit möglich auf nahe Null reduziert werden. Auch sollen alle Fischbestände so nachhaltig bewirtschaftet werden, dass eine Überfischung vermieden wird und für alle dezimierten Arten Erholungspläne und Erholungsmaßnahmen erarbeitet werden.

Anfang 2020 hat das CBD-Sekretariat ein Rahmendokument veröffentlicht, um den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 zu stoppen und bis 2050 im Einklang mit den natürlichen Ökosystemen und ihrer biologischen Vielfalt zu leben (CBD, 2020). Neue konkrete Ziele und Verpflichtungen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt für die Zeit nach 2020 werden derzeit von Regierungen und nichtstaatlichen Akteuren diskutiert, über die dann im Oktober 2020 entschieden werden soll.

Das neue Rahmendokument des CBD-Sekretariats soll den Ländern als Richtschnur für ihre Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Bewertung ihrer Fortschritte dienen. Es legt mehrere Ziele fest: den Schutz von Ökosystemen, von Arten und Genen, sowie die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und Gewährleistung einer gerechten Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der biologischen Vielfalt und des traditionellen Wissens ergeben.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritisieren, dass in dem Rahmendokument die Erhaltung der genetischen Vielfalt zwar prinzipiell eingeschlossen ist, sich die Vielfaltsindikatoren bisher nur auf domestizierte und kultivierte Arten beschränken und nicht auf wildlebende Populationen. Sie empfehlen dringend, das Dokument so zu erweitern, dass die genetische Vielfalt aller Arten und damit das damit verbundene Anpassungspotenzial der Arten insgesamt erhalten bleibt (GEOMAR, 2020).

Quellen

 Earth System Knowledge Platform | ESKP (Hrsg.). (2019). Themenspezial Biodiversität im Meer und am Land. [themenspezial.eskp.de]. Aufgerufen am 12.03.2020. doi:10.2312/eskp.2020.1

 Convention on Biological Diversity. (2020). Zero draft of the post-2020 global biodiversity framework. [www.cbd.int]. Aufgerufen am 12. 03 2020.

 GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. (2020, 05. März).Neue Rahmenvereinbarung zum Schutz der biologischen Vielfalt. [Pressemitteilung, www.geomar.de]. Aufgerufen am 12.03.2020.

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