Im Rahmen des Projektes VABENE++ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) werden Lösungsansätze zur Unterstützung von Einsatzkräften im Verkehrsmanagement und im Katastropheneinsatz entwickelt. Bei gemeinsamen Katastrophenübungen mit der Medizinischen Task Force des Bundes wie im brandenburgischen Lehnin vom 24. bis 26.10.2014, testet das DLR mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe boden- und luftgestützte Sensorik. Die zentrale Komponente ist ein Krisensimulator, der die eingehenden Informationen verarbeitet und eine Gesamtverkehrslage und –prognose erstellt.

Ziel ist es, ein möglichst exaktes Bild zur Gesamtverkehrslage zu erstellen und den Einsatzkräften Prognosen zu liefern, um einen reibungslosen Ablauf einer Veranstaltung bzw. effektive Rettungsmaßnahmen zu gewährleisten. VABENE++ liefert den Entscheidungsträgern vor, während und nach Ereignissen aktuelle Luftbilder, Verkehrsinformationen, Lage- und Infrastrukturinformationen und bewertet Handlungsempfehlungen.

VABENE++-Projektmitarbeiter Dr. Hannes Römer vom Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) des DLR spricht im Interview mit ESKP über Tests unter realen Bedingungen und bisherige offizielle Einsätze.

Wie häufig werden solche Übungen wie in Lehnin durchgeführt?

Im Rahmen des Forschungsprojektes VABENE++ (bzw. Vorgängerprojekt VABENE) finden eigentlich jedes Jahr Übungungen in Kooperation mit verschiedenen Nutzern aus den Bereichen Verkehr und Katastrophenschutz statt. Beispiele hierfür wären Übungen zum Champions League Finale 2012 in München mit dem BBK (Anm. d. Red./Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) oder zum Tag der Deutschen Einheit 2011 in Bonn in Kooperation mit der Polizei Bonn. Die Übung in Lehnin war insofern einzigartig, da wir zum ersten Mal den Forschungshubschrauber BO-105 erfolgreich einsetzen konnten, und dadurch zusammen mit bodengestützter Sensorik die Abläufe und Prozesse der Einsatzkräfte am Boden zeitlich sehr dynamisch erfassen konnten. In Nahe Echtzeit wurden bodengestützte Informationen von installierten Kameras und Luftbilder vom Helikopter vor Ort per Web-Portal und Kartenprodukt visualisiert.

Sind weitere Übungen dieser Art zukünftig geplant?

Eine Wiederholung dieser Übung mit der Medizinischen Task Force ist durchaus im Gespräch, wenn auch noch nicht weiter konkretisiert. Auch die Begleitung anderer Organisationen aus dem Katastrophen- und Zivilschutzbereich ist durchaus denkbar.
Grundsätzlich besteht der Sinn und Zweck der im Rahmen von VABENE++ durchgeführten Kampagnen darin, (neu entwickelte) Funktionalitäten unter realen Bedingungen zu testen, bzw. den Bedarfen der unterschiedlichen Anwender gegenüber zu halten – sozusagen eine begleitende Evaluation durch Endanwender. Daher sind weitere Kampagnen mit unterschiedlichen Anwendergruppen auch in den nächsten Jahren geplant.

Kam das Projekt VABENE bisher nur in Übungen zum Einsatz oder auch in der Realität?

Ja, verschiedene Komponenten aus VABENE++ bzw. seinen Vorgängerprojekten wurden bereits bei realen Ereignissen eingesetzt: zum Deutschlandhochwasser im letzten Jahr 2013, zum Tag der Deutschen Einheit in Bonn 2011, zum Landesfeuerwehrtag in Stuttgart 2013 , oder auch nach dem Hangrutsch in Nachterstedt im Juli 2009.

Wie stellen Sie den schnellen Einsatz Ihrer Messgeräte vor Ort bei Katastrophen sicher?

In VABENE++ arbeiten sieben Institute des DLR mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten zusammen. Darüberhinaus verfügen wir über eine mobile Boden- und Einsatzstation, mit der wir sehr schnell in das Untersuchungsgebiet gelangen und selbst bei fehlender Internetverbindung und fehlendem Stromanschluss in der Lage sind, unsere Daten zu empfangen, zu verarbeiten und entsprechende Produkte (Karten, Web-Portale) zu erstellen. Hierfür haben wir ein Einsatzzelt, das wir jedoch bei der Kampagne in Lehnin aufgrund der vorhandenen Übungsgebäude nicht einsetzen mussten. Check- und Inventarlisten sowie eine auf den mobilen Einsatz ausgerichtete Software- und Hardwareachitektur ermöglicht den mobilen Einsatz unserer Messgeräte.

Verfügen andere Länder über ein ähnliches Projekt wie VABENE? Wenn ja, arbeiten Sie mit diesen Ländern zusammen?

Bestimmte Einzelkomponenten, wie etwa ein luftgestütztes Monitoring, wird auch in anderen Projekten im ähnlichen Kontext angewandt. Hier gibt vor allem auf der wissenschaftlichen Seite, wie etwa den Verfahren zur Mustererkennung oder zur Vorverarbeitung von Luftbildern, Austausch. Das Projekt VABENE++ sticht vor allem durch zwei Eigenschaften im Vergleich zu anderen Projekten heraus:
a) das Zusammenspiel unterschiedlicher Sensoren und Sensorplattformen: Einsatz von verschiedenen bodengebundenen (u.a. Blue Tooth, Kameras, Floating Car Data) und luftgebundenen Sensoren (Flugzeug, Helikopter, UAV und Satellit) und
b) durch den Echtzeit-Ansatz - so können wir beispielsweise binnen weniger Minuten nach einem Überflug, Bilder auf Web-Portalen visualisieren und Kartenprodukte erzeugen.

Das Interview führte Karl Dzuba, Wissensplattform Erde und Umwelt

Linktipp: Zur Projektseite VABENE++

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