Die Schadensschätzung ist eine wichtige Komponente für Hochwasserrisikoanalysen und für die Entscheidungsunterstützung im Hochwasserrisikomanagement. Daher sind zuverlässige Schadensmodelle von wesentlicher Bedeutung. Die herkömmlichen Schadensmodelle haben eins gemeinsam: sie beschreiben die komplexen Schädigungsprozesse bei Überschwemmungen mit einfachen, deterministischen Ansätzen wie Wasserstands-Schadensfunktionen. Diese Abschätzungsmethode ist jedoch mit hohen Unsicherheiten behaftet und führt zu ungünstigen Fehleinschätzungen der Schäden. Dagegen verbessern Multiparametermodelle die Beschreibung der Schädigungsprozesse und mindern dadurch die Unsicherheit.   

Wichtige Eingangsparameter für ein Schadensmodell zur Abschätzung von Wohngebäudeschäden sind der Wasserstand, die Überflutungsdauer und -häufigkeit sowie die Kontamination, die Fließgeschwindigkeit, die Größe, der Wert und Gebäudetyp eines Wohnhauses (z.B. Ein- oder Mehrfamilienhaus, Reihenhaus), und die privaten Vorsorgemaßnahmen. Die Herausforderung ist es allerdings, die Modelle möglichst einfach und nachvollziehbar zu halten, dennoch aber sämtliche mögliche Schadensprozesse und Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind Daten und Informationen oftmals lückenhaft.

Neuer Modellansatz

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, verfolgen Wissenschaftler vom Deutschen GeoForschungsZentrum einen neuen probabilistischen Ansatz bei dem nun auch Unsicherheiten quantitativ berücksichtigt werden. Anhand eines Ensembles von Entscheidungsbäumen werden acht Eingangsparameter wie der Wasserstand/Wassertiefe, die Überflutungsdauer, die Fließgeschwindigkeit und die Kontamination des Flusses, Vorsorgemaßnahmen, Gebäudenutzfläche und -wert sowie die Wiederholungsrate von Hochwasserereignissen zueinander in Abhängigkeit gesetzt. BT-FLEMO (engl: Bagging decision Tree based Flood Loss Estimation Model) heißt das Modell, was insbesondere im meso-skaligen Bereich, also für mittlere bis große Gebiete angewendet werden kann.

Das Modell ermittelt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der geschätzten Schäden an Wohngebäuden und somit eine quantitative Abschätzung für die Unsicherheiten. Angewendet und validiert wurde es bislang für 19 Gemeinden, die im Sommer 2002 durch das Hochwasser des Flusses Mulde in Sachsen betroffen waren. Um das neue Modell zu prüfen, wurden die Ergebnisse sowohl mit denen anderer deterministischer Modelle verglichen als auch den offiziellen Schadensdaten, die von der Sächsischen Aufbaubank im Zuge der Kompensationszahlungen erhoben wurden, gegenübergestellt.

Die Vergleiche machen deutlich, dass das multivariable Hochwasser-Schadensmodell BT-FLEMO, welches verschiedene Einfluss- und Widerstandsgrößen berücksichtigt, die bisherigen deterministischen Modelle in ihrer Vorhersagegenauigkeit übertrifft. Darüber hinaus liefert das Modell auch zuverlässige Ergebnisse, wenn einige Eingangsdaten fehlen. Auch kann die Unsicherheit des Modellierungsergebnisses ermittelt werden, was für die Risikokommunikation, aber auch für die Entscheidungsfindung im Risikomanagement, d.h. bei der Hochwasserschutz- und Vorsorgeplanung von enormer Bedeutung ist.

Literaturhinweis

Kreibich, H., Botto, A., Merz, B. and Schröter, K. (2016): Probabilistic, Multivariable Flood Loss Modeling on the Mesoscale with BT-FLEMO. Risk Analysis 37(4). pp 774-787. Link

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