Die erste Verhandlungsrunde zur Vorbereitung der UN-Klimakonferenz in Paris ist am Freitag, den 13. Februar, im schweizerischen Genf zu Ende gegangen. Wie immer gab es ein geteiltes Echo im Anschluss. Die Unterhändler der Staaten und die Verhandlungsleitung sind zufrieden, die Nichtregierungsorganisationen und die Presse klagen über wenig oder keine Fortschritte. Aber die Erwartung der meisten Kritiker ist einfach falsch. Eine Woche ist zu wenig, um Großes zu schaffen. Entscheidend ist auch nicht, wie lang das Abschlussdokument ist. 86-Seiten sind mehr als der nur halb solange „Lima Call for Action“, aber weniger als die 200 Seiten vor Kopenhagen im Jahr 2009. Die Länge der Seitenzahl sagt nichts über die Reife eines Verhandlungsdokuments und wie nah oder fern ein Verhandlungserfolg ist. Es kommt entscheidend darauf an, was in dem Dokument steht und wie der weitere Prozess gestaltet wird. Und hier gab es, wenn auch kleine, Fortschritte in die richtige Richtung. Die Schlüsselfragen der Genfer Runde waren wie schon in Lima:

1. Weiterkommen bei den freiwilligen, national bestimmten zum Klimaschutz, den sogenannten Intended Nationally Determined Contributions (INDCs),

2. Gleichbehandlung von Klimaschutz und Klimaanpassung im System des Pariser Vertrags,

3. Ausbau des Grünen Klimafonds über 2020 hinaus mit größeren Zusagen als den in Lima schon erreichten 10 Mrd. USD/Jahr,

4. Schaffung eines Gleichgewichts von schnellen Fortschritten in den Verhandlungen und Vertrauen bei allen „im Kern“ Beteiligten unter Wahrung der größtmöglichen Transparenz für alle.

Bei den Punkten 1 bis 3 gab es keine Fortschritte außer beträchtlichen Hilfszusagen der UN und der EU für die Erstellung der INDCs in Entwicklungs- und Schwellenländern. Bei Punkt 4 wurde ein sogenannter „party-driven modus“ gefunden, der der Verhandlungsführung mehr Gestaltungsrechte gibt, wenn die Staaten als Kernakteure späterhin zu jedem Zeitpunkt auf die Dokumente und deren Deutung weiter Einfluss nehmen können. In diesem sehr „politischen“ Modus können wir erwarten, dass bereits in der zweiten Vorverhandlungsrunde im Juni in Bonn neue, zusätzliche Impulse für das 86-Seiten-Dokument kommen werden. Und wir können erwarten, dass sich der Prozess der Zusammenstellung und Bilanzierung der INDCs verzögern wird, denn das sagen die jetzt nötig gewordenen Hilfszusagen implizit. Ob der Weltklimarat IPCC hier eine beschleunigende Rolle einnehmen könnte – wie einige, darunter der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri erwarten –, wage ich aber angesichts der Stärkung der Rolle der Staaten im Verhandlungsprozess in Genf sehr zu bezweifeln.

Text: Prof. Reimund Schwarze, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Veröffentlicht: 13.02.2015, 2. Jahrgang

Zitierhinweis: Schwarze, R. (2015, 13. Februar). Stärkung der Rolle der Staaten im Klimaverhandlungsprozess. Earth System Knowledge Platform [eskp.de], 2https://www.eskp.de/klimawandel/staerkung-der-rolle-der-staaten-im-klimaverhandlungsprozess-935608/

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