Im Jahre 2000 beobachteten Atmosphärenforscher in Satellitendaten einen plötzlichen und überraschenden Abfall der Wasserdampfkonzentration in der Stratosphäre (15–30 km Höhe) und eine Abkühlung der tropischen Tropopause um drei Grad. Heute wird deutlich, dass es sich damals um kein Einzelereignis gehandelt hat, sondern dass die Konzentration dieses natürlichen Treibhausgases zyklischen Schwankungen unterliegt, hauptsächlich verursacht durch die Veränderlichkeit der stratosphärischen Zirkulation.

Wasser ist das wichtigste natürliche Treibhausgas. Es ist global in der Atmosphäre verteilt, wo es einen großen Teil der von der Erde emittierten langwelligen Strahlung (infrarot) absorbiert und wieder emittiert. Wasserdampf ist in wechselnd hohen Konzentrationen in der Troposphäre vorhanden, und bestimmt dort das Wettergeschehen. In der Stratosphäre beträgt die Wasserdampfkonzentration jedoch nur einige ppm. Sensitivitätsstudien mit verschiedenen Klimamodellen haben gezeigt, dass schon geringe Änderungen der Wasserdampfkonzentration, vor allem in der unteren tropischen Stratosphäre, zu beträchtlichen Änderungen in der Strahlungsbilanz in der Atmospäre und der Temperatur am Erdboden führen können  (Solomon et al., 2010). Dabei spielt ein sogenannter Rückkopplungsmechanismus eine verstärkende Rolle: Eine Erhöhung der Bodentemperatur führt zu einem erhöhtem Wasserdampfgehalt in der unteren Stratosphäre wodurch sich wiederum die Temperatur am Boden erhöht.

In den 1980ern und 1990ern beobachteten Wissenschaftler eine stetige Zunahme der Wasserdampfkonzentration in der unteren Stratosphäre von rund 0,6% pro Jahr. Im Jahre 2000 wurde dieser Trend durch einen plötzlichen Abfall der stratosphärischen Wasserdampfkonzentration und der damit verbundenen troposphärischen Temperatur unterbrochen. Zunächst wurde angenommen, dass diese abrupte Unterbrechung eine einmalige Beschleunigung der ansonsten recht langsamen stratosphärischen Zirkulation widerspiegelt. Verschiedene voneinander unabhängige Satellitenbeobachtungen zeigen jedoch, dass der Wasserdampfgehalt der unteren Stratosphäre generell variabel ist und zudem ein ähnlich abrupter Abfall der Wasserdampfkonzentration und damit einhergehender Troposphärentemperatur erst kürzlich (2011/2012), ein weiteres Mal stattfand (Abbildung 1). Diese beobachtete Variabilität des Wasserdampfes lässt vermuten, dass ähnliche Ereignisse in Zukunft stattfinden werden,  sowie auch in der Vergangenheit stattgefunden haben.

Der Wasserdampfgehalt der Stratosphäre wird im Wesentlichen durch zwei Prozesse bestimmt. Zum einen wird Wasser in der Stratosphäre durch die Oxidation von Methan gebildet. Da die Methankonzentration in den letzten Jahrzenten fast kontinuierlich zugenommen hat, kann zumindest ein Teil des langfristigen Wasseranstiegs in der unteren Stratosphäre durch diesen Prozess erklärt werden. Zum zweiten wird Wasserdampf im Bereich der Tropen, wo die solare Einstrahlung am höchsten ist und am meisten Wasser verdampft, durch die Tropopause in die darüber liegende Stratosphäre transportiert. Dieser Prozess ist wesentlich variabler und kurzzeitigen Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation unterworfen. Hierbei spielen die Temperatur und der Wassergehalt der aufsteigenden Luft, sowie die Geschwindigkeit, mit der die Luft aus der Troposphäre aufsteigt, eine Rolle. Generell kann wärmere Luft höher steigen, mehr Wasserdampf halten und somit eine größere Menge Wasserdampf in Richtung Tropopause transportieren. In dieser bestimmt dann die sogenannte ‚cold point’ Temperatur, also die niedrigste Temperatur der unteren Atmosphäre, wie viel Wasserdampf in die Stratosphäre aufsteigt und wie viel ausgefroren wird (Gefriertrocknungsprozess).

Die Strahlungsbilanz der unteren Atmosphäre reagiert sehr sensibel auf das Zusammenspiel zwischen Temperatur, Wassergehalt und Transportdynamik. Klimamodelle sagen voraus, dass im Zuge der Erderwärmung die Konvektion in den Tropen und über den Rückkoppelungsmechanismus die Bodentemperatur zunehmen wird. Allerdings können die beobachteten schnellen Veränderungen im stratosphärischen Wasserdampfgehalt bisher nicht zufriedenstellend von den Modellen abgebildet werden. Um diese klimarelevante interne Komponente der internen Veränderlichkeit der Tropopause zu verstehen, sind hochpräzise kontinuierliche Wasserdampfmessungen im Übergangsbereich zwischen Troposphäre und Stratosphäre nötig. Nur durch solche mittels Fernerkundung durchgeführten Langzeitmessungen können wir Veränderungen unseres Erdsystems erkennen, analysieren, modellieren und verstehen.

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