Wenn das Forschungsflugzeug HALO vom bayrischen Oberpfaffenhofen aus zum ersten Flug der Mission "Mid-Latitude (ML)-Cirrus" aufbricht, sind Jülicher Messgeräte mit an Bord. Bis zum 17. April sammeln die Instrumente FISH, HAI und NIXE-CAPS über Europa und dem Nordatlantik in Eiswolken (Zirren) Daten über deren Wasserdampf- und Eisgehalt sowie über Zahl und Größe der Eispartikel. Die Ergebnisse werden helfen, Klima-Computermodelle zu verfeinern und Klimaprognosen zuverlässiger zu machen. Die Jülicher Wolkenforscher wirken bei der Planung und Auswertung der Mission mit, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geleitet wird und an der acht weitere deutsche Forschungseinrichtungen und Universitäten teilnehmen.

Wolken beeinflussen, wie stark sich das Weltklima künftig wandeln wird. Der Weltklimarat IPCC geht davon aus, dass Wolken den Temperaturanstieg abschwächen werden, der infolge steigender Treibhausgas-Mengen in der Atmosphäre eigentlich zu erwarten wäre. Doch seine Angabe, wie stark dieser dämpfende Effekt ist, stuft der IPCC selbst als unsicher ein. Ein wesentlicher Grund: Die Wissenschaft kann die Prozesse noch nicht richtig nachvollziehen, die für die Bildung und Eigenschaften von Wolken und vor allem von Eiswolken verantwortlich sind.

Um verlässlichere Computermodelle zur Klimasimulation entwickeln zu können, muss man wissen, wie die klimawirksamen Eigenschaften von Zirren mit den Bedingungen verknüpft sind, unter denen die Wolken entstehen. "Ein wesentliches Ziel der Kampagne ML-Cirrus ist es, direkt in den Zirren mit deutlich verbesserten und vielfältigen Messgeräten sehr genaue und vertrauenswürdige Daten darüber zu gewinnen, welche Eigenschaften diese Wolken in unterschiedlichen meteorologischen Situationen besitzen", sagt Dr. Martina Krämer, Leiterin der Arbeitsgruppe "Wasserdampf und Wolken" im Institut für Energie- und Klimaforschung, Bereich Stratosphäre (IEK-7). Die Partner der Mission werden dabei nicht nur natürliche Zirruswolken erkunden, sondern auch Eiswolken, deren Entstehung auf den Flugverkehr zurückzuführen ist.

NIXE-Caps unterscheidet zwischen Eiskristallen und Wassertropfen

Die Jülicher Wissenschaftler um Krämer betreuen unter anderem das hochmoderne Gerät NIXE-CAPS (New Ice eXpEriment – Cloud and Aerosol Particle Spectrometer), mit dem sich Zahl und Größe der Teilchen in einer Wolke bestimmen lassen. Dies sind sehr wichtige Informationen: Zum Beispiel lässt eine Zirruswolke, die aus wenigen großen Eispartikeln besteht, viel mehr Sonnenlicht zur Erdoberfläche durch als eine dichtere Wolke aus vielen kleinen Eisteilchen. Damit wirkt sie weniger abkühlend, obwohl der Eisgehalt in beiden Zirrustypen ähnlich ist. Zusätzlich können die Wissenschaftler dank NIXE-CAPS auch sicher sein, dass sie ihre Messungen in reinen Eiswolken durchführen, denn das Instrument kann zwischen festen Eiskristallen und Wassertropfen unterscheiden.

Der Eisgehalt der Zirren wird mithilfe des Messgerätes FISH (Fast In-situ Stratospheric Hygrometer) bestimmt. Konstruiert von Jülicher Wissenschaftlern, hat es sich seit vielen Jahren bei Messkampagnen und internationalen Messvergleichen bewährt. Es dient auch als Referenz für das neuere und schneller messende Instrument HAI, das Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Kooperation mit den Jülicher Forschern entwickelt haben. Es nutzt ein einziges Messprinzip, um gleichzeitig zu bestimmen, wie viel Wasser in den Wolken in gasförmigem, flüssigem und festem Zustand vorliegt.

Krämers Team war nicht nur in die Planung des wissenschaftlichen Programms der Mission eingebunden, sondern wird auch wesentlich zur kurzfristigen Flugplanung beitragen. Unterstützt von Dr. Jens-Uwe Grooß von der Arbeitsgruppe "Theorie" des IEK-7 werden die Wissenschaftler mithilfe von Jülicher Computermodellen vorhersagen, wo während der Kampagne vermessbare Zirren auftreten werden.

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaats Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, des Forschungszentrums Jülich und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: Pressemitteilung Forschungszentrum Jülich

Weitere Informationen:

Forschung der Arbeitsgruppe "Wasserdampf und Wolken" am IEK-7
Forschungsflugzeug HALO

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