Bei der Beurteilung von Naturgefahren stellt sich immer wieder die Frage, wie groß das Risiko, die Gefahr, aber auch die Verwundbarkeit (Vulnerabilität) für den einzelnen oder die Gesellschaft ist. Zur Unterscheidung: Die Gefahr beschreibt einen Zustand oder Vorgang, aus dem ein Schaden für Personen und/oder Sachgüter entstehen kann.Das Risiko ist die Wahrscheinlichkeit mit der tatsächlich ein Schaden entstehen wird. Aus der Höhe des Risikos resultiert die Entscheidung, ob, und wenn ja welche Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen, um das Risiko zu minimieren. Das Risiko ist also die Gefahr in Abhängigkeit der Eintrittswahrscheinlichkeit und des daraus resultierenden Schadens. Unter Vulnerabilität wird die Quantifizierung des Risikos verstanden. Sie gibt die Schadensanfälligkeit an.

Insbesondere Industrienationen wie Deutschland versuchen durch geeignete Schutzmaßnahmen das jeweilige Risiko zu minimieren. So werden beispielsweise Baunormen festgelegt bzw. Baumaßnahmen realisiert, um sich gegen Risiken wie Hochwasser, Blitzschlag oder auch Erdbeben besser schützen zu können. Auch die Freigabe von Bauland erfolgt nach Abwägung des jeweiligen Risikos. Darüber hinaus gibt es Monitoring- und Frühwarnsysteme, die bei Überschreitung eines Schwellwertes eine entsprechende Warnung ausgeben. Aber nicht nur technische oder bauliche Maßnahmen helfen sich vor Naturgefahren zu schützen, auch sind Information und Aufklärung der Bevölkerung und ein gut geschulter und organisierter Katastrophenschutz sowie die Existenz von Notfallplänen essentiell. Im Hinblick auf die Umsetzung solcher Schutzmaßnahmen zeigt der WeltRisikoIndex, dass Deutschland von 173 untersuchten Staaten auf Platz 150* steht, (*Quelle: Bericht WeltRisikoIndex; United Nations University, 2011).

Das Verständnis und die Quantifizierung von Extremereignissen und der damit verbundenen Risiken ist der Schlüssel zur Risikobeurteilung und Katastrophenvorsorge. Dabei konzentrieren sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insbesondere auf zwei zentrale Fragen:

  • Was sind die kritischen Prozess-Wechselwirkungen, die zu Extremereignissen führen?
  • Lassen sich Änderungen in der Einschätzung von Naturgefahren und -risiken quantifizieren und in eine Risikobewertung integrieren?

Von Bedeutung sind hier insbesondere die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen geophysikalischen Prozessen und/oder den verschiedenen Bereichen des Systems Erde. Beispiele hierfüer sind sogenannte Erdbeben-Erdbeben-Interaktionen, Vulkan-Erdbeben-Interaktionen, oder durch Erdbeben induzierte Hangrutsche oder Tsunamis. Dazu kombinieren die Forscherinnen und Forscher Feld- und Labor-Experimente, Langzeitüberwachung von Erdbebenstörungen und Vulkanaktivitäten mit numerischen und analytischen Modellierungen.

Traditionell basieren Gefahren-und Risikoanalysen auf dem Konzept der Stationarität. Heutzutage werden Risiko und in bestimmten Fällen auch Gefährdung als zeitvariable Größen gesehen, z. B. aufgrund von Veränderungen der gesellschaftlichen Verwundbarkeit. Die Forschenden müssen deshalb verstehen, wie sich in der Zeit Risiken ändern und welche Faktoren zu der Veränderung von Gefährdung, Verwundbarkeit und Risiko führen.