Die Energieversorgung ist von großer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Sie wird daher auch als Kritische Infrastruktur bezeichnet. Ihr Ausfall oder ihre Beeinträchtigung kann zu nachhaltig wirkenden Versorgungsengpässen, erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit oder zu weiterführenden Beeinträchtigungen in anderen Kritischen Infrastrukturen führen.

Die Folgen des Klimawandels auf die Energiewirtschaft können von einer reinen Beeinflussung der Stromgestehungskosten und der Börsenstrompreise bis zum Ausfall von für die Netzstabilität relevanten Übertragungs-, Versorgungs- oder Erzeugungskapazitäten reichen. Monetäre Schäden, die durch Versorgungsunterbrechungen der Energieversorgung auftreten können, werden in einigen Studien bereits aufgezeigt. So kann ein ganztägiger deutschlandweiter Ausfall der Stromversorgung zu volkswirtschaftlichen Schäden im zweistelligen Milliardenbereich führen. Zudem können bereits kurze regional begrenzte Versorgungsunterbrechungen zu signifikanten Wohlfahrtsverlusten führen. So sind die höchsten durchschnittlichen Kosten für einen einstündigen Stromausfall in Berlin (15 Mio. €), Hamburg (12,5 Mio. €) und München (10,5 Mio. €) zu erwarten.

Deshalb wird ein Überblick zu physikalischen Betroffenheiten des deutschen Energiesektors entlang zentraler Stufen der Wertschöpfungskette (i. Gewinnung und Verfügbarkeit, ii. Erzeugung und Umwandlung sowie iii. Verteilung und Netze) sowie für die unterschiedlichen Energieträger (fossile und erneuerbare) gegeben.

Auswirkungen des Klimawandels für die Energiegewinnung und -verfügbarkeit

Konventionelle Energieträger
Bei der Gewinnung von Öl und Gas ist zwischen der Onshore- und Offshore-Förderung zu unterscheiden. Während für die Onshore-Förderung derzeit keine nennenswerten Beeinträchtigungen durch den Klimawandel identifiziert werden können, ist hinsichtlich der Offshore-Förderung der Meeresspiegelanstieg ein mögliches Risiko. Dabei sind jedoch nicht nur der eigentliche Anstieg des Meeresspiegels, sondern insbesondere auch steigende Anforderungen beispielsweise durch veränderte Wellenhöhen und eine größere Wellenenergie bei Küstenstandorten relevant. Diese Gefährdung bezieht sich vor allem auf die Förderanlagen. Zudem kann es bei der Förderung von Öl und Gas insbesondere Offshore zu Herausforderungen durch eine mögliche Zunahme von Extremwetterereignissen kommen.

Der Abbau von Braunkohle erfolgt in Tagebauen. Um einer potenziellen Beeinträchtigung der Anwohner von Braunkohletagebauen durch Staubentwicklung nach längerer Trockenheit entgegenzuwirken, muss die Braunkohle befeuchtet werden, wofür ausreichend Wasser zur Verfügung stehen muss. Mögliche Auswirkungen auf die Wasserhaltung bei Braunkohletagebauen sind beispielsweise aufgrund von Extremereignissen wie Hitzeperioden oder langanhaltenden hydrologischen und meteorologischen Dürren zu erwarten. Eine ausreichende Wasserverfügbarkeit ist eine wichtige Voraussetzung, da die Braunkohlekraftwerke zumeist über das abgepumpte und sonst in den Tagebau nachsickernde Grundwasser gekühlt werden. Eine andere Art der Betroffenheit könnte wiederum durch Starkregenereignisse verursacht werden, die aufgrund von Erosion und Bodendegradierung zu Abrutschungen im Tagebau führen können. Der Abbau von Steinkohle erfolgt in Deutschland unter Tage, wo derzeit keine klimawandelbedingten Beeinträchtigungen der Gewinnung zu erwarten sind.

Neben der als eher gering eingeschätzten Betroffenheit bei der Gewinnung der Rohstoffe werden klimawandelbedingte Beeinträchtigungen des Transports der Energieträger zu den Kraftwerken am ehesten dort erwartet, wo die zugrundeliegende Infrastruktur sensibel auf klimatische Veränderungen reagiert. Dies betrifft in erster Linie den Transport mit Schiffen; so kann die Schiffbarkeit auf Binnenwasserstraßen durch zu hohe oder zu niedrige Pegelstände beeinträchtigt werden. Dieser Effekt ist in erster Linie bei der Versorgung von Steinkohlekraftwerken zu sehen. Ein weiteres grundsätzliches Gefährdungspotenzial für die Rohstoffversorgung besteht insbesondere in einer möglichen Betroffenheit von Infrastrukturen wie Pipelines in Form von Materialüberlastungen durch Extremwetterereignisse.

Regenerative Energieträger
Bei der Windkraftnutzung muss zwischen der Onshore- und Offshore-Erzeugung unterschieden werden. Sowohl Onshore- als auch Offshore-Anlagen sind wesentlich durch eine mögliche Zunahme von Starkwinden in zweierlei Hinsicht beeinträchtigt - einerseits steigen die Anforderungen an die Standfestigkeit und die mechanische Belastbarkeit der Bauteile, andererseits könnten Zwangsabschaltungen häufiger notwendig werden. An Offshore-Anlagen werden aufgrund steigender Wellenhöhen zusätzliche Anforderungen an die Standfestigkeit gestellt. Die Erzeugungsanlagen zur Nutzung der Sonnenenergie werden allgemein als robust bezüglich klimatischer Veränderungen eingeschätzt. Weder Photovoltaik- noch Solarthermie-Anlagen werden in ihrer Betriebsfähigkeit durch höhere Temperaturen grundlegend beeinträchtigt. Eine geringe Anfälligkeit zeigt sich lediglich bei Wetterextremen wie Starkwinden, Hagel und Blitzschlag, wodurch Anforderungen an die Sicherheit der Befestigung beispielsweise auf Hausdächern steigen. Die Effizienz von Photovoltaik-Anlagen kann jedoch bei hohen Temperaturen und insbesondere bei länger anhaltenden Hitzewellen geringfügig reduziert werden. Die Kraftwerke zur Erzeugung von Energie aus Biomasse sind hinsichtlich der Beeinträchtigungen im operativen Betrieb ähnlich einzuschätzen wie Braunkohlekraftwerke. Höhere Außentemperaturen - das zeigt der Betrieb vergleichbarer Anlagen an unterschiedlichen Standorten - beeinträchtigen die Wirkungsgrade nur geringfügig. Die Gewinnung der Energie aus Erdwärme (Geothermie) kann durch die fortgesetzte Erwärmung positiv beeinflusst werden, da die Erhöhung der Temperatur in der Atmosphäre auch direkte Auswirkungen auf die Temperaturen im Untergrund hat. Dieses Wärmeplus kann insbesondere von Erdwärmesonden gut genutzt werden.

Auswirkungen des Klimawandels für die Energieübertragung und -verteilung

Der Wertschöpfungsstufe Energieübertragung und -verteilung hat wohl die größte physikalische Anfälligkeit. Zwar können auch bestimmte Einzelereignisse sowohl für Anlagen als auch die Energieübertragungsinfrastruktur gleichermaßen kritisch sein, jedoch sind die Auswirkungen auf die Übertragungsinfrastruktur potentiell massiver, da sie schwerer zu kompensieren sind. Davon ist zum einen die physikalische Leitungsfähigkeit bei hohen Temperaturen im Sommer und niedrigen Temperaturen im Winter betroffen, zum anderen kann die Übertragungsinfrastruktur (Masten, Kabel, Transformatoren) selbst durch Extremereignisse beeinträchtigt beziehungsweise beschädigt werden.

Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Betroffenheit in den unterschiedlichen Netzen. Während die Verteilnetze bereits heute zu einem beträchtlichen Teil unterirdisch verlaufen und somit nur eine geringe Klimaexposition gegeben ist, verlaufen die Übertragungsnetze größtenteils überirdisch und sind den Wetter- und Klimaeinflüssen direkt ausgesetzt. Dabei ist jedoch davon auszugehen, dass bisher schon beobachtete Zusammenbrüche von Strommasten nicht monokausal auf Eis- und Schneelast zurückzuführen waren, sondern auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Einflussfaktoren – also sogenannter kumulative Extremereignisse.

Ein weiteres Gefährdungspotenzial geht von Hochwasserereignissen aus. So könnten Mastfundamente unterspült werden, was veränderte Anforderungen an die Standfestigkeit mit sich bringen würde. Umspannungsanlagen sowie Stromverteiler können zunehmend durch Überflutungen in Folge von Hochwasser betroffen sein.

Wenngleich die Überlandverkabelung besonders exponiert gegenüber klimatischen Einflüssen ist, sind vereinzelt auch Gefährdungspotenziale für Erdkabel zu erkennen. So wäre es denkbar, dass durch Hochwasser Kabeltrassen freigespült werden oder in langen Hitzeperioden Schäden an Erdkabeln entstehen. Hierzu liegen allerdings noch keine Wirkmodelle vor, die ein verändertes Ausfallverhalten im Zusammenhang mit einer Veränderung von Klima- oder Wetterparametern (Bodentemperatur und -feuchte) erklären können.

Fazit

Von den möglichen Auswirkungen des Klimawandels ist eine Vielzahl gesellschaftlicher Bereiche betroffen, wobei dem Energiesektor als Teil Kritischer Infrastrukturen eine besondere Bedeutung zukommt. Basierend auf der Auswertung des aktuellen Stands des Wissens zu klimawandelbedingten Betroffenheiten des Energiesektors zeigt sich, dass die meisten Bereiche der Wertschöpfungskette negativ betroffen sein werden. Als wesentliche Einflussfaktoren können die Wasserverfügbarkeit sowie Extremwetterereignisse identifiziert werden. Steigende Durchschnittstemperaturen können als negative Einflüsse eine Temperaturzunahme des für die Kühlung von Kraftwerken benötigten Wassers verstärken. Positive Auswirkungen steigender Temperaturen sind demgegenüber für die Nutzung der Geothermie zu erwarten. Zudem ist deutlich geworden, dass die Netzinfrastruktur die verletzlichste Komponente des Energiesystems ist. Auch wenn sich bei einzelnen Aspekten unterschiedliche Einschätzungen gezeigt haben, so kann doch festgehalten werden, dass die Betroffenheit der Energieversorgung insgesamt in einem Ausmaß zu erwarten ist, welches vor allem durch technische Maßnahmen als grundsätzlich gut handhabbar einzuschätzen ist.

Darüber hinaus lassen sich die Auswirkungen des Klimawandels auf die Energieproduktion/-versorgung jahreszeitlich differenzieren. Extremwetterbedingte Schäden an Kraftwerken und Leitungsnetzen sind vorrangig in den Wintermonaten zu erwarten, während im Sommer Versorgungsengpässe infolge einer Zunahme des Kühlenergiebedarfs bei gleichzeitiger Beeinträchtigung der Stromproduktion bei Wasser- und thermischen Kraftwerken auftreten können.

Referenzen

  Cortekar, J. & Groth, M. (2013). Der deutsche Energiesektor und seine mögliche Betroffenheit durch den Klimawandel – Synthese der bisherigen Aktivitäten und Erkenntnisse (CSC Report Nr. 14)[www.climate-service-center.de]. Hamburg: Climate Service Center Germany.

  Cortekar, J. & Groth, M. (2015). Adapting energy infrastructure to climate change – Is there a need for government interventions and legal obligations within the German “Energiewende”? Energy Procedia, 73, 12-17. doi:10.1016/j.egypro.2015.07.552

  Groth, M. & Cortekar, J. (2015). Die Relevanz von Klimawandelfolgen für Kritische Infrastrukturen am Beispiel des deutschen Energiesektors (Working Paper Series in Economics 335) [www.leuphana.de]. Lüneburg: Leuphana Universität Lüneburg.

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