In Groß Schönebeck, ca. 50 Kilometer nördlich von Berlin, betreibt das GeoForschungsZentrum GFZ am südlichen Rand des Norddeutschen Beckens die Geothermie-Forschungsplattform Groß Schönebeck. Zwei Forschungsbohrungen erschließen Horizonte in Tiefen zwischen 3,9 und 4,4 Kilometern bei Temperaturen um 150 °C.

Das dortige Sedimentbecken ist – wie auch an vielen anderen vergleichbaren Orten der Welt – aus unterschiedlichen, übereinander lagernden Sedimentgesteinsschichten aufgebaut. Es enthält große Ressourcen an heißen Tiefenwässern. Vom Reservoir bis zur Kilowattstunde werden hier alle Stufen geothermischer Energiebereitstellung unter natürlichen Bedingungen wissenschaftlich beleuchtet. Dazu zählt die sichere Erkundung potentieller Reservoire, ihre bohrtechnische Erschließung und ingenieurtechnische Behandlung, über den Aufbau eines nachhaltigen Thermalwasserkreislaufes bis hin zur effizienten Wandlung der Energie in Wärme und Strom.

Mit den Forschungsergebnissen lassen sich genauere Vorhersagen treffen, wie sich eine derartige Anlage im Langzeitbetrieb verhält. Mit diesen Erkenntnissen lässt sich das Potenzial von Geothermie genauer einschätzen. Kernfragen dabei sind: Welche Mengen an Strom, Wärme und Kälte können erzeugt werden? Und kann die Technik einen wesentlichen Beitrag als erneuerbare Energiequelle bereitstellen? Auch die Effizienz der Anlagen kann sicherer bewertet werden.

Die Forschungsansätze zur Sedimentbeckenanalyse am GeoForschungsZentrum bilden dafür Grundlagenwissen: Die dort durchgeführten Studien, die sich mit der Entstehung und Entwicklung von Sedimentbecken beschäftigen, sind zum Verständnis der Erdsystemdynamik und der in Sedimentbecken enthaltenen Energie- und Mineralressourcen entscheidend. Denn die Temperaturverteilung der Erdkruste wird von zahlreichen internen und externen Faktoren beeinflusst. Interne Faktoren sind durch Gesteinseigenschaften bestimmt – wie beispielsweise die thermische Leitfähigkeit oder die radiogene Wärmeproduktion, die aus dem Zerfall von Gesteinen herrührt. Es kommt zu einem komplexen Wechselspiel mit externen Einflussgrößen. Dazu zählen die Oberflächentemperatur, der Wärmefluss aus dem Erdmantel oder die vorhandene Grundwasserströmung.

Die grundlegenden Kenntnisse zur Temperaturverteilung in der Erdkruste basieren in erster Linie auf Temperaturmessungen, die durch Bohrungen ermittelt werden. Jedoch reichen diese Daten häufig nicht aus, um die dreidimensionale Temperaturverteilung im Untergrund zu beschreiben. Denn die Eigenschaften des Gesteins und damit auch die Wärmeleitung variieren räumlich. Zudem kann der Wärmetransport durch weitere Prozesse beeinflusst werden, die im Zusammenhang mit Fluidfluss – dem Fluss von Gasen und Wasser – in der Tiefe stehen. So führt die Kombination verschiedener Wärmetransportmechanismen in unterschiedlichen Gesteinen zu horizontalen und vertikalen Veränderungen des Temperaturgradienten, d.h. der Zunahme der Temperatur pro Tiefenabschnitt. Am GFZ werden mathematische Modelle entwickelt, welche die Energie- und Massentransportprozesse in komplexen Sedimentbecken beschreiben. Sie zeigen, wie eine geeignete Anwendung mathematischer Techniken dazu beitragen kann, unser Verständnis des Systems Erde zu verbessern.

Die Erkenntnisse, wie sie auch in Groß Schönebeck und in den Modellen des GFZ gewonnen werden, tragen dazu bei, die in Sedimentbecken enthaltenen fossilen und erneuerbaren Geo-Energie-Ressourcen nachhaltig zu erschließen. Diese Daten und modellgestützte Vorhersagen zur Verfügbarkeit von Ressourcen stellen somit eine wertvolle Entscheidungshilfe dar, wo geoenergetische Technologien zur Bewältigung der Energiewende genutzt werden können.

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