Seit Mitte Juni 2017 gab es erhöhte Erdbebenaktivitäten an der Caldera der Katla auf Island. Fast jedes Jahr sind seismische Aktivitäten vermehrt im Sommer zu verzeichnen. Oftmals gehen sie mit erhöhten Abflussmengen an Schmelzwasser einher. Seit Oktober 2016 wurde die Warnstufe für Katla heraufgesetzt. Für den Flugverkehr wurde der „Aviation Colour Code“ von Grün auf Gelb angehoben. Dies bedeutet, dass der Vulkan vulkanische Unruhe aufweist. Der Erdbebenschwarm im Herbst 2016 war der stärkste der letzten Jahrzehnte. Schwarmbeben werden meist durch eine Intrusion von Magma in die oberen Magmakammern oder Gänge verursacht. Das Katla-Vulkansystem ist zum Teil von Eis bedeckt. An einigen Stellen liegt es unter einem 600–700m dicken Gletscher, dem Mýrdalsjökull. So führt auch die Druckentlastung durch Abschmelzen des Gletschereises zu Erdbeben, die vermehrt im Sommer auftreten. Die letzten neun Eruptionen der Katla ereigneten sich als die Eis- und Schneebedeckung am geringsten war. Katla ist einer der gefährlichsten Vulkane Islands.

Die größte Gefahr für die unmittelbare Umgebung und die lokale Bevölkerung sind in erster Linie Jökulhlaups. Das sind Fluten, die durch plötzliches Entleeren eines Schmelzwassersees oder plötzlich verflüssigtes Eis bei einem Vulkanausbruch oder erhöhter geothermaler Aktivität entstehen. Die größten Fluten dieser Art, die Menschen je beobachtet haben, entstanden auf Island. Mit hoher Sedimentfracht fließen Jökulhaups durch Gletscherströme. Sie können außerhalb des Gletschers auf den Sanderflächen große Gebiete überfluten und ins Meer weit bis in die Schelfregionen reichen. Manche solcher Jökulhlaups produzierten in der geologischen Vergangenheit so viel neues Sediment, dass durch ein einziges Flutereignis die Sanderfläche Mýrdalsandur mehrere hundert Meter in Richtung Meer propagierte und somit die Isländische Landfläche vergrößerte. Solche Jökulhlaups können aber auch durch subglaziale Eruptionen (Vulkanausbrüche unter dem Eis) ausgelöst werden. Die Ursache ist oftmals nicht bekannt, da sie sich, weit unter dem Gletscher verborgen, der Beobachtung entzieht. Insbesondere bei erhöhter geothermischer Aktivität können vom Gletscher aus jedoch diese fatalen Jökulhlaups entstehen.

Fluten können bis zu 400 Quadratkilometer Land überschwemmen

Für die lokale Bevölkerung, den Tourismus, die Infrastruktur in  näherer Umgebung, also in weniger als 30 km Entfernung, ist, wie beschrieben, das plötzliche Austreten von Wasser (Jökulhlaups) das größte Problem. Die Fluten können mit 300000 m³/s Ausflussmenge bis zu 400 km² Land überschwemmen. Eine weitere Gefahr für die unmittelbare Umgebung ist starker Tephrafall. Besonders bei Spalteneruptionen kommt es zu verstärkter Gas und Aerosol-Emission über längere Zeiträume, die ein Gesundheitsrisiko für Menschen und Nutztiere darstellen sowie das Grundwasser und die Vegetation schädigen können. Auch die Kommunikations- und Transportinfrastruktur wird durch die Aschewolke beeinträchtigt. Bei größeren Eruptionen können die Gefahren durch Asche- und Gasemissionen bis in 150 km Entfernung reichen, bei langanhaltenden Spalteneruptionen können können sie gar globale Auswirkungen haben.

Hinweise auf vulkanische Aktivität: Aufwölbung des Vulkangebäudes, Eisinflation und erhöhte elektrische Leitfähigkeit der Flusswässer

Hinweise, ob und wie aktiv der tief unter dem Eis gelegene Vulkan oder Spaltenschwarm ist, geben Seismometer, aber auch Bewegungen des Eises. Eine Eruption würde sich auch einige Stunden vorher durch einen starken Erdbebenschwarm, d.h. verstärkte Seismizität, ankündigen. Geothermische Aktivität an den geothermalen Feldern in der Caldera kann durch Überwachung aus der Luft wahrgenommen werden: Erhöhte geothermische Aktivität führt zum Schmelzen von Eis, wodurch sich die Kesselstruktur durch das Eis durchpaust. Wenn sich das Vulkangebäude aufwölbt kann dies als ein relativ sicheres Zeichen für Aktivität gewertet werden. Die seismische und geothermische Aktivität variiert bei vielen isländischen Vulkanen allerdings auch oft stark, ohne dass es zu einer Eruption kommt.

Auch ändert sich durch die Aktivität in der Umgebung des Vulkans die elektrische Leitfähigkeit der Wässer der Flüsse. Über den Sommer 2017 sind die Werte der elektrischen Leitfähigkeit im Fluss Múlakvísl, der vom Osten des Mýrdalsjökull abfließt, ungewöhnlich hoch. Dies reflektiert eine konstante Quelle von Geothermalwasser. Da der Vulkan unter einer bis zu 700 m dicken Eisschicht liegt, kann insbesondere die Messung der elektrischen Leitfähigkeit von Flüssen Aufschluss über dessen Aktivität geben. Die Ionen-Zahl im Wasser lässt Rückschlüsse auf die geothermische Aktivität bzw. die Quelle von Wassermassen aus Geothermalwasser zu. Nahe dem Fluss Múlakvísl gab es zudem auch regelmäßige Berichte über Schwefelgeruch. Der Nachweis erhöhter Gehalte an Schwefelwasserstoff (H2S) konnte dann auch die hohe Konzentration an geothermischen Fluiden bestätigen. Diese Ereignisse wurden aber nicht unbedingt als Vorläuferphänomene einer bevorstehenden Eruption interpretiert, denn ähnliche Unruheperioden gab es seit den 1950er Jahren schon öfters ohne dass eine Eruption folgte. Nicht zuletzt ist der unangenehme, nach faulen Eiern riechende Schwefel ein Hinweis zumindest auf vulkanische Aktivität.

Geschichte der vulkanischen Aktivität von Katla

Da es noch keine bestätigte Eruption gab seitdem der Vulkan durch Instrumente überwacht wird, gibt es auch keine genauen Angaben darüber, wie die Vorläuferphänomene aussehen. Von der letzten Eruption 1918 weiß man nur, dass circa zwei bis zehn Stunden zuvor Erdbeben gespürt wurden, bevor eine Eruptionssäule zu sehen war bzw. sich ein Jökulhlaups gebildet hat. Die Eruption durchbrach auch das Eis.
Das teilweise mit Eis überdeckte Katla Vulkansystem war im Holozän, also bis vor etwa 12 000 Jahren, stark aktiv. Normalerweise produziert das Katla Vulkansystem Basalt, also niedrig viskose Lava ohne Volatilanteil, der in der Regel effusiv eruptiert, also als ruhig ausfließende Lava in Erscheinung tritt. Durch die Interaktion des Magmas mit Eis entstehen allerdings hochexplosive Eruptionen. 934–938 n.Chr. gab es eine starke Spalteneruption, wobei sich die Eldgjá Spalte bildete. In den letzten 1100 Jahren verzeichnete Katla 21 Eruptionen. Also im Mittel alle 50 Jahre eine Eruption. Die letzte Eruption, dauerte einen ganzen Monat an. Noch heute lassen sich in Mooren und Seen in Skandinavien und den Britischen Inseln Aschepartikel von Vulkanausbrüchen von Katla von vor zwölftausend Jahren finden. Theoretisch können während eines Vulkanausbruchs von Katla Tephra-Volumen von bis über 2 Kubikkilometer produziert werden, die so hoch in die Atmosphäre geschleudert werden, dass sie bis nach Europa reichen können, ganz analog der Eruption des Eyjafjallakjökull im Jahre 2010, die den ganzen Flugverkehr in der Nordatlantik Region beeinträchtigte.

Text, Fotos und Grafiken soweit nicht andere Lizenzen betroffen: eskp.de | CC BY 4.0
eskp.de | Earth System Knowledge Platform – die Wissensplattform des Forschungsbereichs Erde und Umwelt der Helmholtz-Gemeinschaft